Timbuktu

Timbuktu [ˡtɪmbʊktʰuː] (dt. [tɪmˈbʊktu], frz. Tombouctou [tõbukˈtu]) ist eine Oasenstadt im westafrikanischen Staat Mali mit ca. 36.000 Einwohnern (2009, Hochrechnung).

Der Titel dieses Artikels ist mehrdeutig. Weitere Bedeutungen sind unter Timbuktu (Begriffsklärung) aufgeführt.
Timbuktu
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default Timbuktu (16° 46′ 24″ N, 3° 0′ 26″W)

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Timbuktu
Offizieller Name: Tombouctou
Status: commune urbaine
Region: Timbuktu
Kreis: Timbuktu
Fläche:
Einwohner: 36.000
Bevölkerungsdichte:
Gliederung: 9 Viertel (quartiers)
Bürgermeister: Saïd Mahmoud<ref>Association des maires francophones</ref>

von Sankore]]

Timbuktu [ˡtɪmbʊktʰuː] (dt. [tɪmˈbʊktu], frz. Tombouctou [tõbukˈtu]) ist eine Oasenstadt im westafrikanischen Staat Mali mit ca. 36.000 Einwohnern (2009, Hochrechnung).<ref>http://www.bevoelkerungsstatistik.de Stand 1. Januar 2006</ref>

Etymologie

Der Name bedeutet angeblich „Brunnen der Buktu“. Der Sage nach war Buktu (andere Schreibweise Bouctou) eine Sklavin, die mit einer Ziegenherde von den Tuareg hier zur Bewachung eines Brunnens zurückgelassen wurde. Der Name soll „Frau mit einem großen Bauchnabel“ bedeuten, möglicherweise handelt es sich dabei aber um eine Volksetymologie. Einige Historiker sehen in dieser Überlieferung die ins Mythische übertragene Rechtfertigung der einstigen Oberschicht von Timbuktu für die soziale Schichtung, also die Zweiteilung in hellhäutige Herren, die Tuareg, und dunkelhäutige Vasallen, die Bella (siehe unten „Bevölkerung“).

Der französische Linguist René Basset leitet den Namen von einer altberberischen Wortwurzel ab, die „weit entfernt“ oder „versteckt“ bedeutet.<ref>René Basset, Mission au Sénégal. Paris 1909, S. 198.</ref> Somit wäre der Name mit „der weit entfernte Brunnen“, also am südlichen Rande der Wüste, zu übersetzen. In jüngeren Untersuchungen ist verschiedentlich geltend gemacht worden, dass der Ort ursprünglich gar nicht von den Tuareg, sondern von den Songhai des Umlandes gegründet wurde und die vor 150 Jahren von dem Afrikaforscher und Historiker Heinrich Barth vorgetragene Herleitung des Namens aus deren Sprache ebenfalls in Betracht gezogen werden müsse. Nach Barth würde der Name korrekt Tombutu lauten und „Ort in den Dünen“ bedeuten, was ebenfalls sinnvoll wäre.

Geographie

Timbuktu liegt am südlichen Rand der Sahara, deren Fortschreiten (Desertifikation) der Stadt die meisten Probleme bereitet. Der Sand breitet sich überall in den Straßen aus. In den letzten 20 Jahren soll sich die Wüste um ungefähr 100 Kilometer weiter nach Süden vorgeschoben haben.

Die Stadt liegt 5 Kilometer entfernt vom Niger-Fluss, der aus südwestlicher Richtung aus der Region Massina in einem großen Bogen vorbeifließt, hier am nördlichsten Punkt seines Laufes in südöstlicher Richtung abdreht und später an der mehr als 2.000 km entfernten Küste in den Golf von Guinea mündet. Lediglich bei starkem Hochwasser füllten sich längst ausgetrocknete Nebenarme des Niger, die den Spitznamen „Kanäle der Flusspferde“ trugen, und verursachten in einigen Stadtteilen heftige Überschwemmungen, zuletzt 2003. In der frühen Neuzeit verband ein 13 Kilometer langer Kanal die Ortschaft Kabara, den eigentlichen Hafen der Stadt, mit Timbuktu. Dieser künstliche Nebenarm des Niger ermöglichte den Bewohnern während der Flutzeiten einen direkten Zugang zum Fluss, und somit den Segelschiffen und Pirogen Waren in die Stadt zu bringen. Nun ist der Kanal versandet und nur als Graben sichtbar.

Timbuktu ist seit Jahrhunderten ein Zentrum des Transsaharahandels, und Ende des 19. Jahrhunderts passierten hier jährlich etwa 400 Karawanen mit 140.000 Kamelen und rund 22.400 Tonnen Lasten.<ref>Brockhaus 14. A., Bd. 15 (1908)</ref> Dennoch bereitet es heutzutage immer noch Schwierigkeiten, den Ort zu erreichen. Die Schifffahrt ist nur möglich, wenn der Wasserstand es erlaubt. Die Straßen durch die Savanne vom Süden aus versanden schnell und sind dann zeitweise unpassierbar. Von Norden her, durch die Wüste, ist der Weg zwei Gruppen von Reisenden vorbehalten: den selten gewordenen Salzkarawanen der Tuareg (vor allem aus Taoudenni) und den modernen Abenteurern, die auf den Spuren der Wüstenromantik sind. Die modernste Variante der Anreise erfolgt über den Flughafen Timbuktu, der regelmäßig von der Hauptstadt Bamako angeflogen wird.

Das Klima ist wüstenhaft, es weht stets ein trockenheißer Wind („Harmattan“) aus der Sahara. An spärlicher Vegetation finden sich hier Dornenbüsche, Tamarisken, Akazien und Ginster. Aber auch der Afrikanische Affenbrotbaum (Baobab) und Palmen sowie eine Reihe von Nutzbäumen wachsen hier.

Die durchschnittliche Jahrestemperatur liegt bei 28° C, wobei die Monate Mai und Juni mit etwa 34° C am heißesten sind. Als durchschnittliche jährliche Niederschlagsmenge wurden 170 mm gemessen. Juli und August sind mit jeweils etwa 56-66 mm die feuchtesten Monate. <ref>Durchschnittliche Klimawerte für Timbuktu</ref> Die Regengüsse können sintflutartig auftreten und große Schäden an den aus Lehm erbauten Wohnhäusern und Moscheen verursachen. Im Jahre 1771 stürzte die al-Hana Moschee bei einem solchen Unwetter ein und begrub 40 Menschen unter sich.

Bevölkerung

Durch die bewegte Geschichte und der Lage am Schnittpunkt großer Handelsstraßen setzt sich die Bevölkerung Timbuktus aus den Angehörigen verschiedenster Volksgruppen zusammen. Darunter finden sich Berber, Mauren, Songhai, Mandinka und die Bambara. Zum Teil bewohnen sie ihre eigenen Viertel, in der Stadt und deren Umgebung werden eher Vertreter der Tuareg mit ihren Kamelen und die Fulbe mit ihren Viehherden angetroffen. Die Bozo leben als Fischer am Niger.

Am Nigerufer leben ebenfalls die so genannten Bella, dunkelhäutige Fischer und Kleinbauern, die möglicherweise Nachkommen der ursprünglichen Bevölkerung des Gebietes sind und im frühen Mittelalter von den Tuareg in ein Abhängigkeitsverhältnis gezwungen wurden. Die Überlieferung um die Gründung von Timbuktu und die Sklavin Buktu könnte als ein Nachklang dieser Entwicklung verstanden werden (siehe oben „Etymologie“). Bis vor etwa 50 Jahren wurden sie von den Tuareg als eine Art Sklaven ausgebeutet, wobei die einzelnen Bella-Familien keinem individuellen „Besitzer“ unterstanden, sondern kollektiv als Unfreie für die Tuareg, vornehmlich der Konföderation der Kel Antessar, arbeiten und Tribut abliefern mussten. Seit der Unabhängigkeit Malis sind sie offiziell frei, fühlen sich aber traditionell der Gesellschaftsordnung der Tuareg zugehörig und sprechen meistens auch die Sprache ihrer einstigen Herren, das Tamascheq.

Verkehrssprache ist das Französische. Unter der Bevölkerung des Gebietes von Timbuktu wird überwiegend die Sprache Songhai, mit dem Dialekt Koyra Chiini gesprochen. Daneben sprechen ein Zehntel Tamascheq oder den maurischen Dialekt des Arabischen.

Traditionelle Architektur

Die ursprüngliche Bauweise in Timbuktu war durch den Mangel an Steinen bedingt. Daher wurde überwiegend mit Lehm gebaut. Die älteren Berichte sprechen von bienenkorbähnlichen Rundbauten, in denen überwiegend die ärmere Bevölkerung lebte. Auch die von René Caillié 1828 angefertigte Ansicht von Timbuktu zeigt noch zahlreiche Häuser dieser Art. Spätestens im 15. Jahrhundert setzte sich ein aufwendigerer Baustil durch, der vor allem die Häuser der Oberschicht (Verwaltungsbeamte, Kaufleute und Gelehrte) prägte. Besonders deutlich wird diese Form der Lehmarchitektur, der als „sudanesischer Stil“ bekannt geworden ist, an den Moscheen mit ihren sich nach oben verjüngenden Türmen. Das Grundgerüst bildeten Konstruktionen aus Holz, die mit Lehm verkleidet wurden. Auf diese Weise ließen sich zweistöckige Gebäude errichten, in denen das Untergeschoss als Koranschule, Lager- und Verkaufsraum oder Werkstatt genutzt wurde, während das obere, meistens luftig gestaltete Stockwerk als Wohnbereich diente. Hier befanden sich in den Häusern der Gelehrten auch die privaten Bibliotheken. Das Bauen mit einem nur bedingt soliden Material führte jedoch bei heftigen Regenfällen zu massiven Bauschäden oder Einstürzen. Nach jeder Regenzeit mussten die Wände nachgearbeitet werden, und oft wurden Häuser, bei denen sich die Reparatur nicht mehr lohnte, einfach aufgegeben. (Siehe dazu z. B. die Abb. „Straße in Timbuktu“ unten.)<ref>Grundlegend hierzu René Gardi, Auch im Lehmhaus lässt sich’s leben: Traditionelles Bauen und Wohnen in Westafrika. Graz 1973.</ref>

Neben der traditionellen Lehmarchitektur finden sich in Timbuktu mehrstöckige Wohnhäuser aus neogenem Kalkstein, die ihr Vorbild in Marokko und Mauretanien haben. Der Stil wurde vermutlich Ende des 16. Jahrhunderts von den Söldnern Djuder Paschas an den Niger gebracht. Die Fassaden sind vertikal mit Pilastern gegliedert und nach marokkanischem Vorbild mit „andalusischen“ Fenstern und massiven Holztüren geziert. Die Fenster waren ursprünglich nicht verglast, sondern durch filigrane Holzgitter verblendet. Die Türen zeichnen sich durch kunstvolle Eisenblechbeschläge und geometrische Muster aus großen Eisennägeln aus, die ihr Vorbild im einstigen al-Andalus, dem muslimisch dominierten Teil Spaniens, haben.<ref>Zur Architektur siehe Thomas Krings, Sahelländer. Geographie, Geschichte, Wirtschaft, Politik. Darmstadt 2006, S. 83 ff.</ref>

Geschichte

Gründung und Frühzeit

Timbuktu wurde nach Auskunft der freilich erst viel später entstandenen Chroniken von Timbuktu (Tarikh as-Sudan und Tarikh al-Fettach) vor dem Jahr 1100 n. Chr. von nomadisierenden Massufa-Tuareg an einer Wasserstelle in der Nähe des Nigerbogens gegründet. Vermutlich gehen die Ursprünge aber bis ins 9. oder 10. Jahrhundert zurück und wahrscheinlich müssen schwarzafrikanische Songhai als Gründer des Ortes angesehen werden.

Die archäologischen Untersuchungen vor Ort gestalten sich schwierig, so dass eindeutige Ergebnisse erst in einigen Jahren zu erwarten sind.<ref>Siehe dazu die Artikel von Prof. Timothy Insoll (Cambridge).</ref> Nach der Jahrtausendwende entwickelte sich der Ort rasch zu einer florierenden Handelsniederlassung an der wichtigen Karawanenstraße von Ägypten über Gao nach Kumbi-Salah im westafrikanischen Reich Gana. Über die Händler aus dem heutigen Südalgerien wurde vermutlich auch der Islam am Niger verbreitet. Anfangs hatte Timbuktu bei weitem noch nicht die Bedeutung als Knotenpunkt der Handelsstraßen und als Stätte muslimischer Bildung, wie dies heute verschiedentlich in Büchern und Internetartikeln behauptet wird. Der wirtschaftliche Aufschwung und die damit verbundene kulturelle Blüte der Stadt fallen erst in das 14. und 15. Jahrhundert. Es scheint, dass das frühe Timbuktu in Konkurrenz mit einer anderen, etwa 25 km weiter östlich gelegenen Handelsniederlassung namens Ţirraqqā stand, nach Aussagen arabischer Geografen dem westlichsten Außenposten des Gana-Reiches. Mit dem Niedergang Ganas wandten sich die Händler offenbar Timbuktu zu, das durch seine unmittelbare Nähe zum Niger die besseren Möglichkeiten für den Warenumschlag bot.

Die Zeit der großen westafrikanischen Reiche

Das Reich Mali

Die Stadt gehörte ab dem 13. Jahrhundert oder frühen 14. Jahrhundert zum Mali-Reich. Ob die Eingliederung durch offene Eroberung stattfand oder sich die Stadt – auch zum Schutz gegen die Tuareg im Norden und die Mossi im Süden – in ein Abhängigkeitsverhältnis zu Mali begab, ist nicht geklärt. Doch selbst die Oberhoheit Malis konnte einen verheerenden Überfall der Mossi im Jahre 1328 nicht verhindern. Der Angriff lässt den Schluss zu, dass sich Timbuktu zu diesem Zeitpunkt bereits als Zentrum des Salz- und Goldhandels etabliert hatte. Die Stadt hatte zu dieser Zeit etwa 10.000 bis 15.000 Einwohner.<ref>Siehe James L. A. Webb, Desert Frontier: Ecological and Economic Chance along the Western Sahel 1600-1850. Madison, Wisc. 1995, S. 16.</ref>

Schon zu dieser Zeit war die Stadt in Südeuropa bekannt, denn sie erschien bereits Mitte des 14. Jahrhunderts auf den Portolanen, den katalanischen, beziehungsweise mallorquinischen Weltkarten als Residenzstadt „Ciutat de Melli“ des „Rex Melli“, dem König von Melli. Auf der berühmten Karte des Abraham Cresques aus dem Jahre 1375 ist der sagenhafte König mit einem Goldklumpen abgebildet. Damit war Mansa Musa, der schwarze Sultan von Mali gemeint, der 1324 seine legendäre Pilgerfahrt nach Mekka absolvierte. Von dieser Wallfahrt, auf der er von angeblich 60.000 Bediensteten begleitet worden war, wird berichtet, dass er zwei Tonnen Gold mit sich geführt und großzügig in Ägypten verteilt haben soll.<ref>John Hunwick bezeichnet diese Zahlen als „grossly inflated (maßlos aufgebläht)“. Siehe Hunwick, Timbuktu & the Songay Empire, S. 9. Die ägyptischen Chronisten des 14. und 15. Jahrhunderts wissen jedenfalls nichts von einem so großen Tross. Auch die tatsächliche Menge des mitgeführten Goldes ist höchst umstritten.</ref> Diese Berichte trugen zur Bildung von Legenden über eine angeblich maßlos reiche Stadt bei. Nach seiner Rückkehr aus Mekka beauftragte Mansa Musa einen muslimischen Architekten aus Andalusien, der ihn bei seiner Rückkehr begleitete, mit dem Bau der Djinger-ber-Moschee und einer Residenz.

Die Europäer hatten zahlreiche Berichte nordafrikanischer Händler und Karawanenführer erhalten. Außerdem lagen schriftliche Aufzeichnungen von Reisenden vor, welche die Phantasien in Europa anregten. Der in Tanger geborene Marokkaner Ibn Battuta (1304–1368) machte im 14. Jahrhundert eine ausgedehnte Reise durch zahlreiche islamische Länder. Die Reise, die ihn über Ostafrika bis nach Indien brachte, führte ihn 1352 auch nach Timbuktu. Er bestätigt, dass der Islam dort die altafrikanischen Glaubensvorstellungen restlos ersetzt hatte, konnte aber kein Verständnis dafür aufbringen, dass die Frauen dort „nackt“, also unverschleiert, auf die Straße gingen. Insgesamt weiß der Besucher aus Marokko jedoch nicht viel von Bedeutung über die Stadt zu berichten. Offenbar waren Walata und Gao zu dieser Zeit weitaus bedeutender, sowohl in wirtschaftlicher Hinsicht als auch in Bezug auf den Entwicklungsstand der Bildung.<ref>Said Hamdun u. Noel King (Hgg.), Ibn Battuta in Black Africa. London 1975, S. 52 f. Die Tatsache, dass Ibn Battuta entgegen seiner Gewohnheit keinen einzigen Gelehrten von Rang in Timbuktu namentlich nennt, lässt den Schluss zu, dass die Stadt noch nicht die Bedeutung als kulturelles Zentrum erreicht hatte, der ihr häufig bereits für diese Zeit zugeschrieben wird.</ref>

Das Reich der Songhai

Die Glanzzeit erlebte Timbuktu im 15. und 16. Jahrhundert nach dem Niedergang der maurischen Handelsmetropole Walata. Die Karawanenmetropole am Niger war damals die größte Stadt der Region und hatte geschätzte 15.000 bis 25.000 Einwohner.<ref>Der französische Archäologe Raymond Mauny bezifferte die Einwohnerzahl aufgrund luftarchäologischer Untersuchungen auf maximal 25.000 Menschen. Der malische Historiker Sékéné Cissoko errechnete hingegen 100.000. Sein Kollege E. Saad setzte die die Bevölkerungszahl auf ungefähr 50.000 Menschen, was an der Obergrenze seriöser Schätzungen liegt. Siehe Saad, Social History of Timbuktu, S. 27 u. 90. Der Amerikaner Webb geht von 30.000 bis 50.000 Einwohnern aus. Siehe James L. A. Webb, Desert Frontier, S. 16.</ref> Zu bestimmten Jahreszeiten, wenn etwa die Salzkarawanen aus dem Norden und die Aufkäufer aus dem Süden und Westen kamen, konnte sich die Zahl der Menschen kurzfristig verdoppeln. Die zuweilen in der populärwissenschaftlichen Literatur angeführten Zahlen von bis zu 100.000 oder gar 200.000 Bewohnern sind reine Spekulation, denn das Umland von Timbuktu hätte selbst zu Zeiten, als die Wüstenbildung noch nicht so weit wie heute vorangeschritten war, keinesfalls eine so große Menschenzahl ernähren können.

Die Stadt gehörte in diesem Zeitraum zu dem Reich der Songhai und galt als reiche Stadt. Der Songhai-Herrscher Sonni Ali hatte Timbuktu 1468 erobert und einen Teil der muslimischen Intellektuellen hinrichten lassen, weil sie loyal zum Mali-Reich und zu den Massufa-Tuareg, mit denen sie verwandt waren, standen. Die Stadt wurde von einem Statthalter (tinbuktu-koi) verwaltet, wobei dieser Gouverneur von ausländischen Reisenden mehrfach für den Beherrscher des gesamten Reiches gehalten wurde. Hauptquelle des Reichtums war der Handel mit Salz und mit Sklaven. Timbuktu war der Hauptumschlagplatz für Sklaven und Eunuchen (aus dem Mossi-Land), die für Marokko und Ägypten bestimmt waren. Hinzu kam der Goldhandel, obwohl das Angebot im 16. Jahrhundert zurückging, nachdem die europäischen Seemächte ihre Handelsstützpunkte an der westafrikanischen Küste eingerichtet hatten (Schlagwort: „Die Karavelle ist der Tod der Karawane.“) Im Gegenzug gelangten aus dem Norden Metalle und Metallfertigprodukte, Pferde, Waffen, Seide, Schmuck, Literatur und Datteln nach Timbuktu. Getauscht wurden neben dem begehrten Gold noch Elfenbein, Moschus, Kolanüsse, Pfeffer, Gummi, Lederwaren sowie Hirse aus dem Süden Westafrikas. Darüber hinaus entwickelte sich Timbuktu auch als Mittelpunkt des islamischen Geisteslebens in Westafrika.<ref>Ob Timbuktu als das bedeutendste Zentrum islamischer Bildung in der Region angesehen werden muss, ist umstritten. Der britische Westafrikaspezialist John Spencer Trimingham vertrat die Auffassung, dass der Rang Timbuktus in der Literatur stark übertrieben wird und Djenné als „centre of Negro Islamic learning“ eine größere Rolle spielte. Siehe Trimingham, A History of Islam in West Africa. London - Oxford 1970, S. 98.</ref> An der Sankoré-Mosche existierte eine Medresa, vergleichbar einer mittelalterlichen Universität, an der die arabische Sprache, Rhetorik, Astrologie, die Rechtsprechung und die Schriften des Korans gelehrt wurden. Daneben gab es 150 bis 180 Koranschulen, an denen häufig von einem einzigen Lehrer religiöse und juristische Themen unterrichtet wurden. Aus der Songhai-Epoche, die durch die marokkanische Eroberung im Jahre 1591 zu Ende ging, stammen die meisten Moscheen von Timbuktu. Als letzte wurde die aus dem 14. Jahrhundert stammende Sankoré-Moschee im Jahre 1581 (989 A. H.) restauriert und in ihrer heutigen Ausdehnung fertig gestellt.<ref>Das auf verschiedenen Internetseiten genannte Erbauungsdatum 989 bezieht sich auf den islamischen Kalender, nicht auf die christliche Jahreszählung. Ansonsten wäre die Moschee älter als die Stadt selbst.</ref>

Eine der wichtigsten Quellen ist der Reisebericht des in Granada geborenen und von dort nach Nordafrika vertriebenen Leo Africanus (1485–1556?). Er reiste im Auftrag des marokkanischen Sultans durch Nordafrika und kam nach eigenen Angaben zwischen 1510 und 1512 in die Stadt am Niger. Ob er tatsächlich in Timbuktu war, ist umstritten, da beispielsweise seine Angaben über die Richtung, in welche der Niger fließt, völlig falsch sind. Als er später durch Gefangenschaft nach Italien gelangte, beschrieb er den Sudan und speziell Timbuktu für europäische Leser. Sein ursprünglich nicht für den Druck vorgesehenes Manuskript wurde 1550 in Venedig publiziert, jedoch hatte der Herausgeber Ramusio die Daten durch phantasiereiche Übertreibungen ergänzt und zementierte damit den Mythos von der unermesslich reichen Stadt in Afrika. Vor allem die Zahlen, die den Goldhandel betrafen, waren offenbar bewusst verfälscht worden, um den Absatz des Buches zu steigern.<ref>Dietrich Rauchenberger, Johannes Leo der Afrikaner. Seine Beschreibung des Raumes zwischen Nil und Niger nach dem Urtext. Wiesbaden 1999, S. 126 u. 140.</ref>

Timbuktu in der frühen Neuzeit

Die Motive für die Eroberung von Timbuktu durch die Truppen des marokkanischen Sultans Mulai Ahmad al-Mansur (1578-1603) sind vielfältig. Zum einen war der Sultan daran interessiert, den Goldhandel, der sich immer stärker hin zu den europäischen Handelszentren an der westafrikanischen Küste (Senegal und Gold Coast) orientierte, wieder nach Nordafrika umzuleiten. Zum anderen sah der Sultan aus der Dynastie der Saadier, die für sich den Status von Scherifen, also von Nachkommen des Propheten Mohammed, in Anspruch nahmen, im Osmanischen Reich, das sich bis nach Algerien ausgedehnt hatte, einen gefährlichen Rivalen, denn auch der osmanische Sultan betrachtete sich als den Beherrscher aller gläubigen Muslime. Es scheint aber auch, dass al-Mansur in seiner aus spanischen Renegaten bestehenden Elitetruppe eine Gefahr für seine eigene Stellung sah. Deshalb entsandte er eine etwa 4.000 Mann starke Truppe, die als „Arma“ (spanisch: „Waffe“) bezeichnet wurde und über moderne Feuerwaffen verfügte.<ref>Nach Ansicht von Heinrich Barth geht der Begriff "arma" auf eine Verballhornung des arabischen Wortes "ar-rûma (Christen)" zurück und soll sich auf die ehemals christlichen Söldner in al-Mansurs Heer beziehen. Siehe dazu auch Amador Garcia Diaz (Hg.), Andalucia en la curva del Niger. Granada 1987, S. 10 ff.</ref> Das Heer stand unter dem Kommando des auf Mallorca geborenen Djuder Pascha, der als Sklave nach Marokko gekommen war und als Eunuch am Hofe al-Mansurs rasch Karriere gemacht hatte.<ref>Antonio Llaguno, La conquista de Tombuctú. La gran aventura de Yuder Pachá y otros hispanos en el país de los negros. Córdoba 2006.</ref> Der dreimonatige Marsch durch die Westsahara war verlustreich, obwohl die Armee über die seinerzeit besten Orientierungshilfen, z. B. Kompass und Sextant, verfügte.<ref>[1] Das Söldnerheer des Sultans. Der Name „arma“ wird auch von „ar-ruma“ (Römer, d. h. Christen) abgeleitet, weil ein Teil der Truppen aus (ehemals) christlichen Söldnern aus Spanien bestand.</ref>

Der Überlieferung nach wurde das Songhai-Reich am letzten Tag des Jahres 999, beziehungsweise nach muslimischer Zeitrechnung am ersten Tag des Jahres 1000, (Mitte Oktober 1591 A. D.) besiegt. Die Marokkaner richteten zuerst in Gao, anschließend in Timbuktu Garnisonen ein, konnten sich allerdings nicht dauerhaft gegen Attacken der Tuareg und der südlich des Nigerknies siedelnden Völker, darunter die Bambara, halten und konzentrierten ihre Aktivitäten auf das unmittelbare Umland der Städte. Den letzten marokkanischen Pascha Uthman Ibn Abu Bakr, der 1828 Timbuktu aufgeben musste, lernte der britische Forschungsreisende Alexander Gordon Laing noch kennen. Die Stadt, die selber nie Hauptstadt eines der westafrikanischen Reiche war, konnte nie mehr ihre alte Blüte entfalten und verlor an Bedeutung. Hinzu kam, dass der atlantische Handel gegenüber dem Transsaharahandel an Bedeutung deutlich gewonnen hatte. Das westafrikanische Gold wurde nun nicht mehr durch die Sahara transportiert, sondern gelangte an die Atlantikküste, weswegen der heutigen Staat Ghana auch „Gold Coast“ heißt.

Im 17. und 18. Jahrhundert erlangten die Arma eine fast autonome Stellung in Timbuktu, das viel zu weit von Marokko entfernt war, als dass der Sultan eine effektive Herrschaft dort hätte ausüben können. Die aus den Reihen der Söldner und ihrer Nachkommen stammenden Paschas wurden lediglich in ihrem Amt bestätigt und zahlten einen – oft nur symbolischen – Tribut an den marokkanischen Herrscher. Timbuktu verfügte über keine nennenswerten Schutzanlagen wie Mauerring oder befestigte Tore, und so wurden vor allem die Außenbezirke der Stadt, in denen die weniger begüterten Bewohner, oft nur in Zelten oder Hütten aus Strohmatten, lebten, Ziel von Angriffen der Tuareg aus dem Hinterland. Die Vorherrschaft der Arma im Umland von Timbuktu endete 1737 mit der Niederlage gegen die Tuareg in der Schlacht von Toya (20 km entfernt von Timbuktu). Im Jahre 1771 drangen die Nomaden bis in das Stadtviertel Sankoré ein, so dass die Bewohner gezwungen waren, in der Moschee Zuflucht zu suchen. Die Macht der Arma beschränkte sich nur noch auf das Stadtgebiet.<ref>Harry T. Norris, "L'Aménokal K'awa ou l'histoire des Touareg Iwillimmeden", in, Charles-André Julien (Hg.), Les Africains. Paris 1978, Bd. 11, S. 169-191.</ref> Auch die Bambara, die weiter westlich am Mittellauf des Niger ein Reich errichtet hatten, versuchten Timbuktu unter ihre Kontrolle zu bringen, obwohl die Stadt ihre wirtschaftliche Bedeutung längst verloren hatte.

Zwischen 1823 und 1862 stand die Stadt unter der Oberhoheit des Fulbe-Kalifats von Massina, jedoch lag die eigentliche Autorität in der Hand des Kunta-Clans der al-Baqqai, die im 19. Jahrhundert als die bedeutendsten Korangelehrten im westlichen Sudan galten. Der Scheikh Sidi Ahmad al-Baqqai handelte 1844 einen Vertrag mit den Fulbe aus, nachdem diese die lebensnotwendigen Nahrungsmittellieferungen aus dem Nigerbinnendelta nach Timbuktu unterbrochen hatten. Der Vertrag sah vor, dass Timbuktu von den Fulbe nicht militärisch besetzt wurde. Die inneren Angelegenheiten der Stadt sollten von der Songhai-Elite unter Leitung des Qadi, des Obersten Richters, geregelt werden, während der Kalif von Massina nur durch einen Steuereinnehmer vertreten war. Tatsächlich aber war der Scheikh angesichts seines Ansehens und seiner spirituellen Autorität der eigentlich starke Mann in Timbuktu, der es sich leisten konnte, dem Oberherrn in Massina die Auslieferung des Christen Heinrich Barth zu verweigern und dem Kalifen in einer fatwa massive Verstöße gegen die Gesetze des Islam vorzuwerfen.<ref>Die entscheidenden Passagen der fatwa sind abgedruckt bei Albert Adu Boahen, Britain, the Sahara and the Western Sudan 1788-1866. London - Oxford 1964.</ref> Angesichts der Bedrohung durch den Dschihad des Fulbe-Predigers Hadsch Umar sah sich al-Baqqai ab 1860 gezwungen, Verbündete zu finden. Zuerst nahm er Kontakte mit den Franzosen am Senegal auf, erkannte aber, dass er von dort keine militärische Hilfe erwarten konnte. So suchte er die Annäherung an das Kalifat von Massina, konnte allerdings nicht verhindern, dass dieses 1862 von den Truppen Umars erobert wurde. Auch Timbuktu geriet unter die Kontrolle der religiösen Fundamentalisten. Zwei Jahre später sammelte al-Baqqai eine aus Fulbe, Kunta-Mauren und Tuareg bestehenden Armee, die Timbuktu befreite und die Anhänger Umars aus Massina vertrieb.<ref>Heinrich Barth, „Die neuesten Beziehungen der Franzosen am Senegal zu Timbuktu", Zeitschrift für Allgemeine Erdkunde N. F. 16 (1864), 521-526.</ref> Nach dem Tod al-Baqqais im Jahre 1865 gewannen die Tuareg wieder die Macht über die Handelsstadt, was den endgültigen wirtschaftlichen Niedergang der Stadt zur Folge hatte. Erst die Eroberung durch die Franzosen in den Jahren 1893-94 beendete die Herrschaft der Wüstennomaden.

Der Wettlauf nach Timbuktu

, französischer Afrikaforscher (1799-1838)]]

Inwieweit vor 1800 Europäer nach Timbuktu gekommen sind, ist derzeit der Spekulation überlassen. Gewisse Zeugnisse aus dem Mittelalter deuten darauf hin, dass der Italiener Benedetto Dei im 15. Jahrhundert an den Niger kam, aber wirkliche Beweise gibt es nicht. Auch die Reise des Franzosen Anselm d’Ysalguier, der zwischen 1402 und 1410 in Gao und möglicherweise auch in Timbuktu gelebt haben soll, könnte ein Phantasieprodukt aus späterer Zeit sein. Ebenso ist davon auszugehen, dass der amerikanische Seemann Robert Adams, der 1816 ein Buch über seine Erlebnisse verfasste, während seiner Zeit als Gefangener der Mauren nicht in Timbuktu war, sondern lediglich Schilderungen von maurischen Kaufleuten auswertete und sie als Augenzeugenbericht ausgab.

Der Schotte und britische Offizier Alexander Gordon Laing war der erste Europäer, der 1826 nachweislich Timbuktu erreichte. Da er allerdings auf dem Rückweg von Mauren erschlagen wurde und seine Aufzeichnungen spurlos verschwanden, konnte erst René Caillié, der 1828 als Araber verkleidet nach Timbuktu reiste, in Europa von dieser Stadt berichten. Sein Bericht entsprach den alten Mythen und den lang gehegten Hoffnungen und Erwartungen der Europäer so wenig, dass es bis heute hartnäckige Zweifler gibt, vor allem in Großbritannien, die bestreiten, dass er überhaupt jemals in Timbuktu gewesen sei. Allerdings wurden Cailliés Berichte fünfundzwanzig Jahre später durch den deutschen Afrikaforscher Heinrich Barth bestätigt. Barth hielt sich in britischem Auftrag von September 1853 bis April 1854 unter dem Schutz des obersten Korangelehrten der Stadt, Sidi Ahmad al-Baqqai, in Timbuktu auf und handelte mit dem Scheich und den Führern der Tuareg einen Vertrag aus, in dem sich Großbritannien verpflichtete, die Stadt und das Umland vor einem weiteren Zugriff durch die Franzosen zu schützen. Die Unterstützung durch Großbritannien hätte für die politische Führung in Timbuktu auch bedeutet, dass sie sich von der Oberhoheit der Fulbe hätte befreien können. Angesichts der zur selben Zeit erfolgenden Annäherung zwischen Franzosen und Briten wurde dieser Vertrag jedoch zur Enttäuschung al-Baqqais in London nicht ratifiziert.

nähert sich Timbuktu, 7. Sept. 1853]]

Ein bedeutender Erfolg für die Wissenschaft war jedoch die Tatsache, dass Barth zahlreiche historische Schriften auswerten und damit die Geschichtlichkeit des afrikanischen Kontinents beweisen konnte. Sein Reisebericht wurde zur Grundlage aller späteren Forschungsarbeiten zur Geschichte des Landes am Niger und speziell von Timbuktu. Heute erinnert noch ein Haus an Barths Anwesenheit, obwohl es sich dabei nicht um das Gebäude handelt, in dem der Reisende wohnte, denn dieses stürzte, wie der Afrikaforscher Leo Frobenius schreibt, bereits im August 1908 bei einem Unwetter ein.

Timbuktu im kolonialen und postkolonialen Zeitalter

Anfang 1894 wurde Timbuktu trotz des erbitterten Widerstandes der Tuareg und gegen den Willen der Regierung in Paris endgültig von französischen Kolonialtruppen unter dem Kommando des späteren Marschall Joffre besetzt und der Kolonie „Afrique Occidentale Française“, kurz „AOF“ (Französisch-Westafrika), einverleibt. Eine erste Militärkolonne unter dem Kommando des Obersten Bonnier, die trotz des Verbotes des neuen Zivilgouverneurs von Französisch-Westafrika nach Timbuktu marschiert war, geriet in einen Hinterhalt der Tuareg und wurde völlig vernichtet. Der Anführer des Überfalls war der Sohn eines Stammesoberhaupts, das 1854 den Vertrag mit Heinrich Barth unterzeichnet hatte, und er selbst hatte 1880 den Österreicher Oskar Lenz bei dessen Besuch in der Stadt als vermeintlichen Sohn Barths begrüßt.

Um die militärisch und politisch unsinnige Eroberung vor der Öffentlichkeit zu rechtfertigen, entsandte die kolonialfreundliche Presse den bekannten Journalisten Félix Dubois, der einen Reisebericht mit dem effekthaschenden Titel Tombouctou la Mystérieuse (Geheimnisvolles Timbuktu) verfasste. In dem Bestseller wurden die Verhältnisse im Sudan beschönigt und Frankreich wurde bescheinigt, dass mit der Besetzung der alten Handelsstädte Djenné, Mopti und Timbuktu – trotz der augenblicklichen Lage der Wirtschaft am Niger – eine großartige Zukunft bevorstehe, die der Kolonialmacht hier ein zweites Indien bescheren werde. Dubois hatte in Djenné und Timbuktu auch alte Manuskripte aufgekauft, die er der Nationalbibliothek in Paris überließ. Die wichtigsten Werke des frühen 17. Jahrhunderts, das Tarikh al-Fettakh (Buch des Suchenden) und das Tarikh as-Sudan (Buch des Sudan), wurden von dem berühmten Orientalisten Maurice Delafosse herausgegeben und übersetzt. Damit war es erstmals seit den Tagen von Heinrich Barth möglich, die Geschichte des Landes am Nigerknie gründlich und wissenschaftlich zu erforschen und der europäischen Öffentlichkeit bewusst zu machen.

Um die Zahl französischer Truppen und einheimischer Hilfstruppen möglichst niedrig zu halten und damit Kosten zu sparen, verfolgte die französische Kolonialverwaltung einen konzilianten Kurs gegenüber den Tuareg und sprach eine Amnestie für alle Anführer aus, die 1893 und 1894 Widerstand gegen die Besatzung geleistet hatten. Der Anführer des einheimischen Widerstandes, der Neffe des Scheich Ahmad al-Baqqai, Za'in al-Abidin Ould Sidi Muhamad al-Kunti, musste sich mit seiner Familie und seiner Bibliothek in Richtung Norden absetzen, zuerst ins Adrar n'Ifoghas und dann ins Tassili n'Ahaggar, wo er 1902 ebenfalls von französischen Truppen vertrieben wurde. Ein Großteil der Familienbibliothek soll bei der Flucht verloren gegangen, das heißt entweder versteckt oder bewusst vernichtet worden sein. Noch bis in die 1920er Jahre organisierte Abidin Ould Sidi Muhamad vom heutigen Mauretanien aus Überfälle auf französische Stellungen in der Sahara und am Niger, um die Kolonialherren zu treffen. Da diese aber zunehmend über die militärische Übermacht verfügten, griffen die Rebellen die Versorgungskarawanen an. So wurde 1910 die Karawane, die mit Lebensmitteln nach Taoudeni unterwegs war, ausgeplündert, was zur Folge hatte, dass die Arbeiter in den Salinen ausnahmslos verhungerten.<ref>Pierre Boilley, Les Touaregs Kel Adagh. Dépendances et révoltes du Soudan français au Mali contemporain. Paris 1999, S. 119-127.</ref>

1916 brach im Gefolge einer der schlimmsten Dürrekatastrophen, die der Sahel in historischer Zeit erlebt hat, der Aufstand der Aullimidan-Tuareg entlang des Niger aus. Der Erhebung schlossen sich eine Reihe der Tuareg-Gruppen im Umland von Timbuktu und Gao an. Nach der Niederschlagung des Aufstandes wurden die Anführer, die sich am Kampf gegen Frankreich beteiligt hatten, abgesetzt und durch loyale Personen ersetzt. Insgesamt wurde durch diese Maßnahme die traditionelle Autorität der Stammesführer systematisch und bewusst unterminiert. Auch die wirtschaftliche Grundlage wurde angetastet, etwa durch die Befreiung der Sklaven, die freilich während der französischen Kolonialzeit nie konsequent durchgeführt wurde.

Durch die willkürliche Grenzziehung zwischen AOF und Algerien quer durch das Tuareg-Gebiet brachen Handelsbeziehungen nach Norden ab, so dass Timbuktu noch weiter an wirtschaftlicher Bedeutung verlor, während die Handelsstädte im Nigerbinnendelta (Djenné, Mopti) wieder aufblühten. Die letzte große Karawane alten Stils mit mehreren Tausend Kamelen kam 1937 von den Tafilalet-Oasen nach Timbuktu.<ref>Herbert Kaufmann, Wirtschafts- und Sozialstruktur der Iforas-Tuareg. Köln 1964 (phil. Diss.), S. 218.</ref> Von Bedeutung blieb jedoch der Salzhandel mit Taoudeni, im Norden des heutigen Mali.

Verwaltungstechnisch wurde Timbuktu zu einer Unterkommandantur, die einem Kolonialoffizier im Rang eines Majors unterstand. Der übergeordnete Kommandant residierte in Gao. Die in Timbuktu stationierte Truppe bestand überwiegend aus einheimischen Kamelreitern („méharistes“) und war im „Fort Bonnier“ stationiert, das nach dem Kommandanten benannt war, dessen Kolonne Timbuktu 1893 als erste besetzt hatte. Die Garnison war jedoch wenig effektiv, und so konnten maurische Kriegernomaden aus dem Norden des Landes 1923 nicht nur die Umgebung der Stadt unsicher machen, sondern sogar Timbuktu selbst angreifen und eine Abteilung Kamelreiter niedermachen, bevor Verstärkung für die Garnison aus Mopti eintraf. Nach unbestätigten Berichten agierten die Krieger im Auftrag des vertriebenen Scheichs von Timbuktu, Za'in al-Abidin ibn al-Baqqai.

Nach der endgültigen Unterwerfung der Nomaden versank Timbuktu in Bedeutungslosigkeit. Als eins der wichtigsten Ereignisse blieb die Ankunft des „Raid Dubreuil-Haardt“, der von der Automarke Citroën initiierten „Mission Transsahararienne“ in Erinnerung, die am 7. Januar 1923 mit acht speziell für Wüstenfahrten ausgerüsteten Kettenfahrzeugen vom algerischen Tuggurt aus in Timbuktu eintraf. Bei der von großem Presserummel begleiteten „Croisière Noire“, die von Tuggurt bis Tananarivo auf Madagaskar führte, wurde Timbuktu umgangen. Ein weiterer Besuch dort galt als nicht spektakulär genug.<ref>Expedition Mission Transsaharienne durch Citroën 1922–1923</ref> <ref>Expedition Croisière Noire durch Citroën 1924–1925</ref> Der Ausbau der hierbei erschlossenenen Transsahararoute zu einer automobilfähigen Hauptverkehrsstrecke und Verbindung zwischen den Kolonien Algerien und A. O. F. wurde während der Kolonialzeit nie realisiert. Dies trifft auch auf die Pläne der bereits um 1880 konzipierten Transsaharaeisenbahn (Tunis - Tschad-See - Timbuktu - Dakar) zu. Die Wiederaufnahme des Projekts wurde zwar zwischen den Weltkriegen immer wieder diskutiert, doch gerieten die Planungen nie in die Nähe einer konkreten Umsetzung, weil die zuständigen Kommissionen erkannten, dass die Kosten für den Bau und die Instandhaltung in keinem vernünftigen Verhältnis zu dem zu erwartenden Handelsvolumen gestanden hätten.

Außer Offizieren und Vertretern von Handelshäusern kamen Europäer oder Amerikaner nur selten nach Timbuktu. Meistens handelte es sich um Völkerkundler und Schriftsteller. Im Jahre 1927 besuchte der Amerikaner Leland Hall die Stadt. Zehn Jahre später durchquerte der Pariser Korrespondent der Frankfurter Zeitung, Friedrich Sieburg, die Sahara im Bus und verfasste einen Reisebericht, in dem er auch Timbuktu als trostlosen Ort am Ende der Welt schilderte.<ref>Leland Hall, Timbuctoo. New York 1928, u. Friedrich Sieburg, Afrikanischer Frühling. Eine Reise. Frankfurt a. M. 1938. Letzterer beschrieb die Stadt als "Labyrinth fensterloser Mauern, eingesunkener Lehmruinen und toter Türöffnungen (...) Das Nichts ist überall, es hockt in allen Türen, in allen Höfen, in allen Winkeln und Ecken dieser Stadt, die einer endlosen Gräberstadt gleicht." (Afrikanischer Frühling, S. 243.</ref>

Für einen französischen Offizier kam es einer Strafversetzung gleich, nach Timbuktu abkommandiert zu werden. Wie der deutsche Reiseschriftsteller und Völkerkundler Herbert Kaufmann in den 1950er Jahren erfuhr, galt nur Kidal im Norden des Landes (Adrar n'Ifoghas) als noch trostloser. Unter den Europäern und Amerikanern, die während der Kolonialzeit Timbuktu besuchten, waren kaum Touristen im eigentlichen Sinne, da die Stadt über keinerlei entsprechende Infrastruktur verfügte. Die Anreise von Djenné aus war immer noch recht beschwerlich. Daher kamen in erster Linie Schriftsteller wie Kaufmann oder Ethnologen wie Horace Miner (s. Bibliografie). In den Jahren nach 1960 war das Hinterland bis zur algerischen Grenze im Adrar n'Ifoghas unsicher, da es hier immer wieder zu bewaffneten Auseinandersetzungen zwischen den Kunta und den Tuareg wegen der sich anbahnenden Verknappung des Weidelandes und der Wasservorräte kam.

Nach dem 22. September 1960 war Timbuktu Teil der von Frankreich in die Unabhängigkeit entlassenen Republik Mali. Bereits in den 1950er Jahren war es zu Auseinandersetzungen zwischen den Tuareg und schwarzen Verwaltungsbeamten, die damals noch in französischen Diensten standen, gekommen. Nach der Unabhängigkeit eskalierte der Konflikt zwischen den Wüstennomaden und den Vertretern der Staatsmacht, die bemüht war, die unkontrollierbaren Tuareg sesshaft zu machen. In den 1990ern kam es unter den Tuareg zu einem Aufstand, der das Ziel hatte, einen eigenen Staat auszurufen. Die Rebellion wurde 1996 mit einer symbolischen Waffenverbrennung beendet. Die „Friedensflamme“ in Timbuktu erinnert an den historischen Friedensschluss.<ref>Zur Geschichte des Konflikts siehe die Langzeituntersuchung von Pierre Boilley (Dissertation an der Sorbonne)[2]</ref>

Religion

Timbuktu dürfte bereits im hohen Mittelalter islamisch geworden sein, wenngleich die in arabischer Sprache verfassten Dokumente den genauen Zeitpunkt nicht erkennen lassen. Man geht davon aus, dass die Islamisierung noch vor dem 13. Jahrhundert, als Timbuktu unter den Einfluss des Mali-Reiches geriet, weitgehend abgeschlossen war. Dies bedeutet in der Praxis, dass in erster Linie die berberische Oberschicht dem neuen Glauben anhing, während die Unterschichten sich zwar zum Islam bekannten, aber weiterhin auch animistischen Glaubensvorstellungen und Riten folgten, die sich mit der neuen Religion teilweise zu einer spezifischen Spielart des Islam vermischten. Erst im frühen 19. Jahrhundert wurde im Gefolge des Dschihad der Fulbe und unter dem Einfluss der Kunta-Marabutin eine strengere und reinere Version der Religion durchgesetzt.

Im ausgehenden Mittelalter und vor allem im 16. Jahrhundert war Timbuktu ein Zentrum islamischer Gelehrsamkeit, aber im Gegensatz zu vielen Mythen keine heilige Stadt wie Mekka, Medina und Jerusalem. Islamwissenschaftler nehmen an, dass die Eroberung der Stadt durch die Marokkaner im Jahre 1591 Auswirkungen auf die Gläubigkeit der Bewohner von Timbuktu hatte, da angesichts der allmählichen Verarmung der Stadt auch die Bildungszentren litten, was zu einer Verwässerung des Islam und zum Erstarken alter, vorislamischer Glaubensvorstellungen führte. Nach Ansicht von Orientalisten führte die Eroberung des Nigerbogens durch marokkanische Truppen zu einer verstärkten Einwanderung von nordafrikanischen Geistlichen, die im Gegensatz zu den intellektuellen Korangelehrten von Timbuktu eine volkstümliche Form des Islam (inkl. Heiligenkult, Gebrauch von Amuletten, Exorzismus) predigten.<ref>Mervin Hiskett, The Development of Islam in West Africa. Harlow, Essex – New York 1984, S. 154 f.</ref> Zu Beginn des 19. Jahrhunderts geriet Timbuktu in den Strudel der islamischen Erneuerung – auch als Fulbe-Dschihad bezeichnet – und erlebte einen Aufschwung der religiösen Bildung, was auch eine strengere Beachtung der religiösen Vorschriften nach sich zog. Seit dem frühen 19. Jahrhundert dominierten die maurischen Kunta – zwischen 1830 und 1895 unter dem Clan der al-Baqqai – das religiöse Leben der Stadt. Ihre Scheichs, vor allem Sidi Ahmad al-Baqqai, galten als große Gelehrte, die eine friedliche Durchsetzung der strengen Lehre verfolgten, gleichzeitig aber die bewaffnete Verbreitung des Glaubens strikt ablehnten – im Gegensatz zu den Fulbe von Massina, die sich als Oberherren von Timbuktu etablierten.<ref>Paul Marty, Étude sur l'Islam et les tribus du Soudan. Bd. I: Les Kountas de l'Est, les Bérabiches, les Iguellad. Paris 1920.</ref>

Die Bevölkerung von Timbuktu und des Umlandes sind heute ausschließlich Muslime. Allerdings waren bei den Songhai bis in die Mitte des 20. Jahrhunderts nachweislich prä-islamische Glaubensvorstellungen und Praktiken üblich (H. Miner). Auch bei den Tuareg finden sich magische Vorstellungen, die mit dem Islam nicht in Einklang zu bringen sind und bis heute von den Korangelehrten heftig kritisiert werden.

Timbuktu wurde in der Literatur häufig als „verbotene Stadt“ bezeichnet und galt als Hort fanatischer Muslime. Diese Auffassung ist nicht länger zu halten. Als Handelsstadt war Timbuktu eher offen, und der in Westafrika praktizierte Islam war bis zum Fulbe-Dschihad (frühes 19. Jahrhundert) sehr tolerant. Auch die in Timbuktu maßgeblichen Murabatin aus dem Clan der al-Baqqai werden einhellig als weltoffen und keineswegs fremdenfeindlich geschildert. Was europäische Reisende als islamischen Fanatismus empfanden, entpuppt sich bei genauer Lektüre als Ausdruck einer unreflektierten Fremdenangst, wie sie in allen Kulturen anzutreffen ist. Auch die Abneigung gegen potentielle Konkurrenten beim harten und entbehrungsreichen Transsaharahandel muss bei der Interpretation dieses Phänomens in Betracht gezogen werden. Diese nicht religiös motivierte Fremdenfeindlichkeit vermischte sich leicht mit religiösen Vorurteilen, da der „Fremde“ kein Muslim war. Heinrich Barth hat dieses Phänomen an verschiedenen Stellen seines Reisewerkes nachvollziehbar beschrieben. Zum anderen gelangten einzelne Reisende zu einer Zeit des politischen Umbruches nach Timbuktu, so etwa Alexander Gordon Laing im Jahre 1826 oder Heinrich Barth im Jahre 1853. Die in Timbuktu herrschenden Kunta standen im offenen Konflikt mit den Tukulor (Fulbe) von Massina, den nominellen Oberherren der Stadt, die eine radikalere und damit auch fremdenfeindlichere Position innerhalb der islamischen Theologie vertraten. Die rivalisierenden politischen Gruppen sahen in den Fremden eine Marionette, die sie im Kampf um die Vorherrschaft einsetzen konnten. Nicht zu vergessen ist, dass die Epoche der großen Sahara-Expeditionen mit der kolonialen Expansion Frankreichs in Nordwestafrika zeitlich zusammenfiel und die Christen als Spione und Agenten einer potentiellen europäischen Besatzungsmacht gesehen werden konnten. Im Zeitalter des Kolonialismus erwies sich der angeblich religiös motivierte Christenhass als ein perfektes Argument für die europäische Seite, um die Besetzung einer „Hochburg des Fanatismus“, wie Timbuktu von Saharaforschern wie Gerhard Rohlfs, Henri Duveyrier und Oskar Lenz bezeichnet wurde, zu rechtfertigen.

Inwieweit es über längere Zeit eine jüdische Minderheit gegeben hat und ob oder wann diese zum Islam übertrat oder zum Übertritt gezwungen wurde, ist z. Z. noch umstritten. Es ist denkbar, dass die Vertreter jüdischer Handelshäuser aus Andalusien oder Mallorca in Timbuktu residierten und sich am Gold- und Sklavenhandel beteiligten, wobei zu bedenken ist, dass die Mehrzahl der Kaufleute im südmarokkanischen Sidjilmasa und im südalgerischen Tamentit residierte. Die Rolle der Juden in Timbuktu dürfte ähnlich derjenigen der Juden im mittelalterlichen Europa gewesen sein, heißt sie wurden geduldet und hatten vermutlich den Status von dhimmi, also steuerpflichtigen Schutzbefohlenen des Herrschers von Mali oder Songhai. Eine politische Rolle haben sie wohl kaum gespielt, und einen Einfluss auf die kulturelle Entwicklung der streng islamischen Stadt dürften sie ebenfalls kaum genommen haben. Ebenso wenig entsprechen Berichte über große jüdische Siedlungen im Raum Timbuktu, wie zum Beispiel Tindirma, oder nomadische Stämme mit jüdischem Glauben in der zentralen oder südlichen Sahara der Realität.

Unter dem Einfluss des algerischen Prediger al-Maghili, der bereits für die Auslöschung der jüdischen Gemeinde in den Tuat-Oasen, namentlich in Tamentit, gesorgt hatte, erließ der Songhai-Herrscher Askia Muhamad antijüdische Gesetze, die einerseits die Vertreibung oder Zwangskonvertierung der Juden in seinem Reich und andererseits die Todesstrafe oder zumindest die Enteignung aller Muslime vorsah, die mit Juden weiterhin Handel trieben. Über die konkreten Auswirkungen dieser Gesetze besteht unter den Afrikahistorikern keine einheitliche Auffassung. Sicher scheint, dass sich der Kadi von Timbuktu, Mahmud Aqit, um 1500 weigerte, die antijüdischen Bestimmungen in Timbuktu mit aller Härte durchzusetzen, und den Herrscher zur Rückkehr zu einer toleranten Auslegung des Koran bewegte.<ref>Charlotte Blum u. Humphrey Fisher, "Love for Three Oranges, or, The Askiya's Dilemma: The Askiya, al-Maghili and Timbuktu, ca. 1500 A. D.", Journal of African History 34 (1993), 65-91, spez. S. 79 ff.</ref> Neuere Forschungen scheinen zu belegen, dass in Timbuktu noch Familien zu finden sind, deren Vorfahren um 1500 vom Herrscher der Songhai zum Übertritt zum Islam gezwungen wurden, die Erinnerung an ihr jüdisches Erbe aber im Geheimen noch bewahrt haben. Ins Reich der Phantasie gehören jedoch neuere Theorien, die behaupten, große Massen von jüdischen Siedlern hätten den Sahelraum, speziell das Gebiet um Timbuktu, in Richtung Süden verlassen und sich in Ghana und Nigeria angesiedelt, wo ihre Nachfahren sich heute angeblich wieder zum Judentum bekennen.<ref>Siehe dazu vor allem die Homepage der konservativen jüdischen KULANU-Organisation, die überall in der Welt die verlorenen zehn Stämme Israels aufspüren will [3], sowie entsprechende, völlig undokumentierte Seiten bei der englischen Wikipedia House of Israel oder Igbo Jews.</ref>

Offiziell waren erst in der Zeit nach 1860 wieder jüdische Kaufleute aus Marokko zugelassen, und zeitweise hielten sich mehr als zehn erwachsene jüdische Männer in Timbuktu auf, so dass sie nach religiösem Recht eine Kultgemeinde bildeten. Doch unterlagen sie dem Status der dhimmi, und so durften sie beispielsweise keine als Gebetshaus erkennbare Synagoge einrichten und mit Muslimen kein Gespräch über Religion führen (was als Missionierung hätte gedeutet werden können), und sie mussten auf einem gesonderten Friedhof beigesetzt werden. <ref>Ismael Diadié Haïdara, Les Juifs de Tombouctou: Recueil des sources écrites relatives au commerce juif à Tombouctou au XIXe siècle. Bamako 1999 (in UB Bayreuth vorhanden)</ref>

Christen haben sich vor dem Ende des 19. Jahrhunderts in Timbuktu nur als Besucher aufgehalten. Sie haben keinerlei Einfluss auf die innere Entwicklung, etwa auf Politik oder Bildung, nehmen können. Der Versuch des katholischen Missionsordens „Weiße Väter“, in den Jahren unmittelbar nach der Eroberung der Stadt zwischen 1895 und 1900 unter den Sklaven und den Bozo zu missionieren, scheiterte, aber die Patres wurden auch nicht angefeindet. Für die Toleranz der muslimischen Notabeln spricht die Tatsache, dass sie die Missionare als Gesprächspartner über Fragen der Theologie akzeptierten, - eine Reminiszenz an die friedlichen Diskussionen, die Ahmad al-Baqqai und Heinrich Barth fast ein halbes Jahrhundert zuvor geführt hatten. Angesichts der fehlenden Erfolge bei der Missionierung verließ der Pater Augustin Hacquard die Stadt und verfasste lediglich eine ethnologische Schrift über die Stadt, die als historisches Dokument noch von erheblichem Wert ist (siehe Bibliografie). Hacquards Mitbruder Auguste Dupuis blieb in Timbuktu, trat aus dem Orden aus, heiratete eine einheimische Frau und konvertierte zum Islam. In den 1920er und 1930er Jahren lebte er in der Stadt und betrieb völkerkundliche Studien. Unter seinem muslimischen Namen Yacouba (Jakob) oder dem Spitznamen „le moine blanc de Tombouctou (der weiße Mönch von Timbuktu)“ war er als erster „Aussteiger“ im Sudan eine bekannte Persönlichkeit und wurde von zahlreichen Besuchern – auch von Völkerkundlern – um Rat und Vermittlung angegangen.<ref>Siehe Auguste Dupuis-Yacouba, Industries et principales professions des habitants de la région de Tombouctou. Paris 1921, u. Owen White, „The Decivilizing Mission: Auguste Dupuis-Yakouba and French Timbuktu“, French Historical Studies 27 (2004), 541-568.</ref>

Kultur und Sehenswürdigkeiten

Weltkulturerbe

]]

Die drei Moscheen, die das Stadtbild prägen, die Djinger-ber-Moschee, die Sankóre-Moschee und die Sidi Yahia-Moschee, sowie 16 Friedhöfe und Mausoleen zählen seit 1988 zum Weltkulturerbe der UNESCO. Das historische Stadtbild mit seiner charakteristischen Lehmbauweise und zahlreicher Moscheen des 13. bis 15. Jahrhunderts wurden entgegen den Wünschen der Regierung von Mali jedoch nicht eingeschlossen; nach Ansicht des Welterbekommittees waren dort die Eingriffe durch moderne Bauten schon zu weit fortgeschritten.<ref>Evaluationsbericht der ICOMOS für das Welterbekommittee, 1981 und 1988 i. V. m. dem Text der Entscheidung</ref> 1990 wurden die Stätten in die Rote Liste des gefährdeten Welterbes aufgenommen. Sie stammen aus dem 14. Jahrhundert und wurden im Laufe der Zeit schon mehrmals renoviert. Mit Hilfe der UNESCO wurde ein Programm zur Konservierung aufgelegt, so dass die Stätten 2005, nachdem die gröbsten Schäden einer Flut aus dem Jahr 2003 beseitigt worden waren, wieder von der roten Liste gestrichen werden konnten. Drei weitere Moscheen aus dieser Zeit, die El-Hena-Moschee, die Kalidi-Moschee und die Algourdour-Djingareye-Moschee sind leider zerstört.

Das bekannteste der Mausoleen ist das des Scheichs Abul Kassim Attouaty, der 1529 verstarb. Daneben sind noch die Gräber des Gelehrten Sidi Mahmoudou und des Restaurators der Moscheen, des Qadi Al Aqib, die 1548 bzw. 1583 verstarben, zu nennen.

Im Jahre 2001 ernannte die ISESCO, das islamische Gegenstück zur UNESCO, Timbuktu zur „Islamischen Hauptstadt der Weltkultur“ für den Bereich Afrika für das Jahr 2006.<ref>[4] Offizielle Webseite für „Tombouctou 2006“</ref>

Bildung

Vor der Pilgerfahrt von Mansa Musa (1324-25) spielte die islamische Bildung in Timbuktu keine herausragende Rolle. Walata war in dieser Hinsicht weitaus bedeutender, wie Ibn Battuta bestätigt. Der Mali-Herrscher brachte von seiner Pilgerfahrt offenbar eine große Anzahl von Büchern aus Mekka und Ägypten mit, die vielleicht den Grundstock für ein künftiges Bildungssystem legten.<ref>Nach Ibn Hadjar al-Askalani (um 1440), übersetzt bei J. M. Cuoq (Hg.), Recueil des sources arabes concernant l'Afrique occidentale du VIIIe au XVIe siècle. Paris 1975, S. 394.</ref> Mansa Musa schickte einen künftigen Imam der Sankoré-Moschee zur Ausbildung nach Fez, was den Schluss zulässt, dass der Stand der islamischen Bildung am Niger noch sehr rudimentär war.<ref>Hunwick, Timbuktu & the Songhay Empire, S. 81. Nach Auskunft des Tarikh as-Sudan (ebd.) handelte es sich um keinen Einzelfall.</ref> Erst im 15. und 16. Jahrhundert war die Stadt mit der so genannten Universität Sankoré in der islamischen Welt ein Zentrum der Bildung. Allerdings darf man sich diese Bildungsstätte nicht vorstellen wie eine heutige Hochschule mit einer zentralisierten Verwaltung und zentralen Einrichtungen, sondern als einen lockeren Zusammenschluss von Koranschulen, an denen teilweise - wie auch anderswo in der islamischen Welt - die Lektüre und das Verständnis der heiligen Schriften des Islam gelehrt, teilweise aber auch Unterricht von hochqualifizierten Juristen und Theologen erteilt wurde. In dieser Hinsicht ist die Organisation derjenigen der mittelalterlichen Colleges von Oxford und Cambridge durchaus vergleichbar. Einer einzelnen Quelle aus dem 17. Jahrhundert zufolge soll es vor der marokkanischen Eroberung zwischen 150 bis 180 solcher Koranschulen in Timbuktu gegeben haben. Der Ruf der Gelehrten, die an den führenden Koranschulen unterrichteten, drang, so wird berichtet, bis ins andalusische Granada. Die Zahl von 25.000 Studenten, die gleichzeitig dort studiert haben sollen, ist unrealistisch. Keiner der Autoren, die mit dieser Zahl aufwarten, kann eine Quelle nennen noch bestimmen, zu welcher Zeit zwischen ca. 1100 und 1600 so viele Studierende in Timbuktu gelebt haben sollen. Die Stadt hätte sie weder ernähren noch beherbergen können. Die Zahl dürfte realistischerweise bei unter 2.000 gelegen haben.

Forschung im modernen Sinne wurde in Timbuktu nicht betrieben. Vielmehr handelte es sich bei den „Vorlesungen“ um die Vermittlung von Wissen im Sinne einer scholastischen Auslegung anerkannter juristischer und theologischer Texte, die dann diskutiert wurden. Den Rahmen stellte auf jeden Fall die islamische Lehre dar. Auch in dieser Hinsicht unterschied sich der Lehrbetrieb in Timbuktu nicht grundsätzlich von dem an anderen islamischen Hochschulen (Fez, Kairo, Damaskus) oder von den christlich-europäischen Universitäten wie Bologna, Oxford oder Paris. Offenbar waren medizinische Kenntnisse und Fertigkeiten, wie sie für die islamische Welt im Mittelalter typisch waren, auch in Timbuktu anzutreffen. Es wird berichtet, dass schon im 14. Jahrhundert hier am Auge operiert wurde. Allerdings dürfte sich hierbei lediglich um die damals seit fast 2000 Jahren bekannte Behandlung des grauen Star, den so genannten Starstich, handeln. Von fortschrittlicheren Operationsmethoden ist nichts bekannt. Neuerdings aufgestellte Behauptungen, Gelehrte in Timbuktu hätten die Zahl Null entwickelt und das moderne Sonnensystem schon 200 Jahre vor Kopernikus entdeckt, entbehren jeder historischen Grundlage.<ref>In diesem Zusammenhang wird das Manuskript „Ahkam al-shira' al-yamaniyah wa ma yazharu min hawadith fi al-`alam `inda zuhuriha fi kul sanah (Wissen über die Bewegung der Sterne und was man daraus jedes Jahr als Vorzeichen ablesen kann)“ aus der Mamma-Haidara-Bibliothek genannt. Im Jahr 2003 war es in der „Library of Congress“ in Washington ausgestellt. Das Manuskript wurde 1733 erstellt und ist die Abschrift eines älteren Textes, der aber nicht aus Timbuktu, sondern vermutlich aus Ägypten stammt. Nichts deutet darauf hin, dass das Original dieses in erster Linie astrologischen Textes aus der Zeit vor Kopernikus († 24. Mai 1543) stammt, und um eine Vorwegnahme seiner astronomischen Erkenntnisse handelt es sich auf keinen Fall. Siehe dazu u. a. „Timeless Timbuktu: Library Exhibits Ancient Manuscripts of Mali“ [5] (mit Abbildung)</ref>

Die Bücher von Timbuktu

Bücher wurden aus Marokko und vor allem aus Ägypten eingeführt, aber alte Werke wurden in Timbuktu auch von professionellen Schreibern kopiert. Bis zur Eroberung der Stadt durch die Franzosen im Jahre 1894 existie

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Ari Wahyudi
14. March 2013
This must be the end of the world as Donald Duck describe it.
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