Schatzkammer (Wien)

Die Kaiserliche Schatzkammer in der Hofburg in Wien ist der Teil der einstigen Sammlungen des Hauses Habsburg bzw. Habsburg-Lothringen, in dem die Objekte mit höchster dynastischer oder religiöser Bedeutung verwahrt wurden. Sie ist in eine Geistliche und eine Weltliche Schatzkammer gegliedert. Es handelt sich um eine der bedeutendsten Sammlungen dieser Art.

Die nach dem Ende der Monarchie, 1918, und der Auflösung des Kaiserhofs und des Hofärars als Abteilung des Kunsthistorischen Museums (KHM) geführte Schatzkammer befindet sich im Schweizertrakt, dem ältesten Bauteil der Hofburg. Original ist noch die schmiedeeiserne Eingangstür mit dem Monogramm Kaiser Karls VI., die als solche aber nicht mehr verwendet wird. Die früher als Geistliche und Weltliche Schatzkammer bezeichnete Sammlung wird vom KHM seit 2012 Kaiserliche Schatzkammer genannt.

Geschichte der Sammlung

Ferdinand I. holte 1556 den Kunstsachverständigen Jacopo Strada aus Nürnberg als seinen Hofantiquarius und Verwalter der kaiserlichen Schatzkammer in die Hofburg in Wien. Damals waren die kaiserlichen Sammlungen kunterbunt durchmischt, die Trennung in Gemälde, Kunsthandwerk, religiöse Objekte und Insignien wurde erst Mitte des 18. Jahrhunderts vorgenommen. Aufbewahrungsort war traditionell das Augustinerkloster.

Unter Maria Theresia wurde der Kronschatz vom Rest der Sammlungen getrennt und auch schon dort aufgestellt, wo sich heute die Geistliche Schatzkammer befindet. Es gab die Vermutung, dass diese Neuaufstellung davon habe ablenken sollen, dass ein Teil der habsburgischen Kunstkammer verkauft beziehungsweise vermünzt wurde, um die Kriege gegen Preußen zu finanzieren. Zum Ende des Heiligen Römischen Reiches kamen auch dessen Insignien zum Schatz hinzu; sie wurden vor Napoleon aus Nürnberg und Aachen in Sicherheit gebracht.

Von 1871 an wurden die Kleinodien des Reiches und Österreichs ausgestellt – später parallel zur Ausstellung der anderen habsburgischen Sammelobjekte im Kunst- und im Naturhistorischen Museum, eröffnet 1891 bzw. 1889. Der propagandistische Zweck, den Vorrang des Erzhauses in Mitteleuropa zu betonen, spielte dabei zweifellos eine Rolle.

Nach dem Ersten Weltkrieg erfolgte eine Neuordnung der Ausstellung und ihr Umzug in die derzeitigen Räumlichkeiten. Nun waren auch Objekte zu sehen, die vorher aus Gründen politischer Inopportunität nicht gezeigt worden waren, wie der Krönungsornat des Königreiches Lombardo-Venetien (in der Monarchie wollte man nicht an den 1859 bzw. 1866 erfolgten Verlust dieses Landes erinnern). Andererseits waren einige Objekte nicht mehr im Sammlungsbestand, da sie Angehörige der Familie Habsburg als persönlichen Besitz reklamieren konnten, vor allem Juwelen und andere Schmuckstücke. Einige solche Objekte aus dem persönlichen Besitz des letzten Kaiserpaars wurden Anfang November 1918 von einem Vertrauten der Familie in die Schweiz gebracht.

Vom nationalsozialistischen Regime wurden die Reichskleinodien des Heiligen Römischen Reichs 1938 nach Nürnberg gebracht, jedoch von der US-amerikanischen Besatzungsmacht nach 1945 wieder zurückgebracht. Nach 1945 folgten noch kleinere Änderungen des Arrangements, die vor allem die Gestaltung der Räumlichkeiten betrafen.

Die Teile der Schatzkammer

Die Schatzkammer ist in die Weltliche und die Geistliche Schatzkammer eingeteilt.

Die Weltliche Schatzkammer gliedert sich in mehrere Abteilungen:

Insignien der österreichischen Erbhuldigung

  • Die Insignien und Ornate des Erzherzogtums Österreich. Das bedeutendste Ausstellungsstück ist eine Karkasse des Erzherzogshutes von 1765. Dazu gehören auch einige Teile aus dem böhmischen Kronschatz, die auch bei der österreichischen Erbhuldigung verwendet wurden.

Insignien des Kaisertums Österreich

  • Die Insignien und Ornate des Kaisertums Österreich. Dazu zählen neben der Rudolfinischen Kaiserkrone nebst Zepter und Reichsapfel auch die Ornate der habsburgischen Hausorden sowie der Krönungsornat des Königreiches Lombardo-Venetien, der nur einmal, 1838 für Ferdinand I., verwendet wurde.

Insignien des Heiligen Römischen Reiches

  • Die Insignien und Kleinodien des Heiligen Römischen Reiches. Dazu zählen eine Menge Objekte und auch Reliquiare, die wegen ihres Charakters als Insigne des Heiligen Römischen Reichs in der Weltlichen Schatzkammer stehen. Am bedeutendsten sind die Reichskrone, die Heilige Lanze, das Reichsschwert und der Krönungsmantel.

Burgundisches Erbe und der Orden vom Goldenen Vlies

  • Der Burgunderschatz kam mit der Eheschließung Maria von Burgunds mit dem Erzherzog und späteren Kaiser Maximilian I. in den Besitz der Habsburger. Verschiedene Objekte sind noch erhalten und ausgestellt, unter anderem ein aus Bergkristall und Gold hergestellter Hofbecher (oder Pokal) und eine goldene Brosche. Diverse Objekte, die dem Orden vom Goldenen Vlies gehören, stammen ebenfalls aus dem Burgund und den Niederlanden, weshalb sie in den gemeinsamen Räumlichkeiten ausgestellt sind.
  • Der Schatz des Ordens vom Goldenen Vlies, des ranghöchsten Ordens der Habsburgermonarchie. Hier werden Kunstobjekte aus dem Besitz Karls des Kühnen sowie Ornate und Messgewänder des Vliesordens ausgestellt. Letztere sind wegen ihrer feinen, heute kaum nachzuahmenden Stickerei bedeutende Kunstwerke.
    • Der Messornat des Ordens vom Goldenen Vlies

Der (kirchliche) Messornat des Ordens vom Goldenen Vlies, auch als Burgundischer Paramentenschatz bekannt, umfasst die für den Festgottesdienst gebräuchlichen liturgischen Obergewänder für drei Geistliche. Dazu gehören zwei Antependien, von denen das untere vor dem Altar, das obere darüber oder dahinter hing. Seit 1447 im Ordensbesitz, scheint am Ornat weder das Ordenssymbol noch eine Devise Herzog Philipps des Guten von Burgund auf. Es gilt aber als sicher, dass der Herzog zur Mehrung seiner fürstlichen Repräsentation und um den Glanz burgundischer Hofhaltung auch im religiösen Bereich zu steigern, diese „kostbarsten Gewänder der Welt“ in Auftrag gab.

Die Ornate sind äußerst edel und kostbar, die verarbeiteten Materialien sind Gold, Seide und Perlen. Zwei verschiedene Stickereitechniken wurden gleichzeitig verwendet, die Bildnisse der Muttergottes und des Heilandes sind vom Stil her niederländische Tafelmalereien, ähnlich dem neuaufkommenden Realismus. Dieser Ornat zählt noch heute zu den bedeutendsten künstlerischen Leistungen seiner Zeit.

Die Kombination der Nadelmalerei aus dicht gestickten, im Farbton abgestuften Seidenfäden (so im Inkarnat vorkommend) wurde mit der Lasurstickerei kombiniert. Farbige Seide wurde verarbeitet, die der darunterliegenden amorphen Fläche aus Goldfäden erst die erwünschte Darstellung und Modellierung gibt. Dies verleiht dem Ganzen einen schimmernden Glanz. Letzterer kam dem Streben des Mittelalters nach Farbmagie und jenseitsgerichteter Lichtmystik entgegen. Gold bedeutete Sakrallicht, war ein Zeichen der Helligkeit und erweckte die Vorstellung vom wahren göttlichen Licht.

Habsburg-Lothringischer Hausschatz

  • Objekte aus habsburgischem Familienbesitz wie die Krone Stephan Bocskais oder Reliefplättchen, die von der Privatkrone Ferdinands II. stammen. In diesen Räumen ist auch eine Sammlung von Taufgarnituren, die schon zur Geistlichen Schatzkammer überleiten.
  • Die zwei unveräußerlichen Erbstücke des Hauses Österreichs: das Ainkhürn und die Achatschale, zwei Gegenstände, die in der Mitte zwischen Kuriosität und religiösem Objekt liegen. Sie galten den drei Söhnen Kaiser Ferdinands I. als zu wertvolle Kleinode, um nach dem Tod des Vaters einem von ihnen die alleinige Verfügungsgewalt darüber zu geben. So traf Maximilian II. mit seinen Brüdern Ferdinand II. und Karl II. am 11. August 1564 die urkundliche Vereinbarung, die beiden Stücke für alle Zeiten beim Hause Österreich zu halten und ihre Veräußerung für immer zu verbieten. Der Älteste des Hauses sollte sie jeweils verwahren.
  • Napoleonica: Relikte aus dem Besitz des Königs von Rom und der Kaiserin Marie Louise, insbesondere die Wiege des kleinen Napoleon Franz, der, als er dann in Österreich lebte, als Franz Herzog von Reichstadt bezeichnet wurde.

Geistliche Schatzkammer

In der Geistlichen Schatzkammer befinden sich vor allem Andachtsbilder und Altäre, die meisten davon aus der Barockzeit.

Literatur

  • Weltliche und Geistliche Schatzkammer. Residenz-Verlag, Salzburg und Wien 1987, ISBN 3-7017-0499-6
  • Hauptwerke der Weltlichen Schatzkammer. Kunsthistorisches Museum mit MVK und ÖTM, Wien 2005, ISBN 3-85497-091-9
  • Die Schatzkammer zu Wien. Legitimation eines europäischen Herrscherhauses. ISBN 3-901860-02-9
  • Hermann Fillitz: Die Schatzkammer in Wien. Symbole abendländischen Kaisertums. ISBN 3-7017-0443-0
  • Hermann Fillitz: Die Schatzkammer in Wien . Schroll, Wien 1964.
  • Hermann Fillitz: Die Weltliche Schatzkammer in Wien. Klinkhardt & Biermann, Wien 1959.
  • Franz Kirchweger, Wilfried Seipel: Die Heilige Lanze in Wien: Insignie - Reliquie - „Schicksalsspeer“. Kunsthistorisches Museum mit MVK und ÖTM, Wien 2005, ISBN 3-85497-090-0
  • Manfred Leithe-Jasper, Rudolf Distelberger: Kunsthistorisches Museum. Band 1. Die Schatzkammer. 5. Auflage. C. H. Beck, München 2009, ISBN 978-3-406-59178-5
  • Julius von Schlosser: Die Schatzkammer des Allerhöchsten Kaiserhauses in Wien, dargestellt in ihren vornehmsten Denkmälern. Mit 64 Tafeln und 44 Textabbildungen. Schroll, Wien 1918 (Digitalisat)

Weblinks

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Mario Linhart
25. February 2012
Here, in the oldest part of the Imperial Palace (13th century), you find not only the Emperor’s Crown of the Holy Roman Empire (circa 962) and the Austrian Emperor’s Crown (1602).
Alex Chiritescu
16. December 2016
One of the most famous royal treasury, did the guided tour and it was very interesting. Really recommended for the lovers of history and very precious things.
Harald B.
29. March 2013
Check the website http://www.khm.at/en/?cHash=dfb045333efd096a1ea1afd262c4a608 for cheaper ticket combinations as Schatzkammer is part of KHM!
Carme Sensat
1. September 2015
Impresionante exposición del tesoro de la corona pero lamentablemente la audio guía en español solo incluye 10 puntos de información del total de 100. La audio guía vale 2 eu por este motivo
Elena Em
2. January 2014
Опять-таки сохраняет в save to do! 3 часа мы смотрели на украшения и артефакты разных времен и народов и оч устали!без аудио гида в музее делать нечего, поэтому не скупитесь!
meo
14. August 2012
王宮宝物館。王宮の一画に設けられた宝物館ではハプスブルグ家の絢爛たる歴史の中で受け継がれてきた財宝を鑑賞できる。大粒の宝石に彩られた10世紀後半の神聖ローマ帝国の冠や、金パネルに自らの肖像を刻ませたルドルフ2世の帝冠など、計り知れない富と権力には目もくらむようだ。豪華なだけではなく歴史的美術的に価値の高い物が多い。休み火曜日 10€
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8.5/10
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Mon-Wed-Sun 9:00 AM–5:30 PM

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