Philae ist eine durch den Assuan-Staudamm überflutete Insel im ägyptischen Niltal.
Als Perle des Nil wurde der Tempel der Isis auf der Insel Philae gerühmt, der erst 537 auf Befehl des oströmischen Kaisers Justinian I. geschlossen wurde. Bereits Anfang des 20. Jahrhunderts setzten erste Nildämme ihre Bauten für mehrere Monate im Jahr unter Wasser. Im Zusammenhang mit dem Bau des Assuan-Staudamm und der Rettungsaktion für Nubiens Denkmäler plante man schließlich den Umzug des Heiligtums. Die höher gelegene Nachbarinsel Agilkia wurde umgestaltet, die wichtigsten Bauten von Philae in 37.363 zwischen 2 und 25 t schwere Blöcke zersägt und originalgetreu wieder aufgebaut. Die gesamten Arbeiten dauerten von 1977 bis 1980. Philae steht seit 1979 auf der Liste der UNESCO-Weltkulturerbestätten.
Der Legende nach ist Philae der Platz, an dem Isis das Herz ihres Mannes Osiris fand, nachdem - gemäß dem Osirismythos - sein Bruder Seth ihn umbracht, zerstückelt und die Teile im ganzen Land versteckt hatte. Letztlich fanden Isis und ihre Schwester Nephthys alle verstreuten Teile des Osiris und setzten seinen Leichnam wieder zusammen. Doch Osiris wollte nicht mehr im Diesseits bleiben und entschied sich fürs Jenseits. Sozusagen im göttlichen Austausch wurde Isis schwanger und brachte den Gott Horus zur Welt. Die Reliefs im Inneren des Mammisi (Geburtshaus) schildern die Geburt der Gottheit „Horus, das Kind“ und seine Kindheit in den Deltasümpfen.
Der Tempel wurde unter den Ptolemäern erbaut, aber auch noch die römischen Herrscher bauten an dem so weit entfernten Heiligtum. Isis, die im Gebiet um den Katarakt als Herrin der Überschwemmung verehrt wurde, war im gesamten Römischen Imperium als Göttin der Fruchtbarkeit, der Liebe und der Erlösung beliebt. Philae war eines der Hauptheiligtümer dieser Zeit; der Tempelbetrieb wurde erst in der ausgehenden Spätantike auf kaiserlichen Befehl eingestellt.
Nicht nur die Muttergöttin Isis oder der Nil wurden auf Philae als Lebensspender verehrt, sondern ebenso die Sonne. Als Tochter des Re erschien Hathor im Göttermythos auch als Auge des Sonnengottes. Dergestalt hatte sie sich während des Winters tief in den Süden nach Nubien verzogen und verspürte offenbar wenig Neigung, nach Ägypten zurückzukehren. Re sandte ihr den Götterboten Thot nach, dem es gelang, die Abtrünnige zur Rückkehr zu bewegen. Auf Philae angekommen, feierte ganz Ägypten mit der Göttin ihre glückliche Heimkehr.
Zwei lange Säulengänge flankieren den Aufgang zum Haupttempel aus ptolemäischer Zeit. Der östliche Kolonnadengang blieb unvollendet, während der westliche mit seinen 31 (ursprünglich 32) Säulen gesäumt ist.
Am ersten Pylon bringt der König vor Isis, ihrem falkenköpfigen Sohn Horus, ihrer Schwester Nephthys und der Göttin Hathor Opfer dar und wirft die Feinde des Landes nieder.
Die Säulen des östlichen Innenhofes tragen an den oberen Enden das Gesicht der Göttin Hathor (nur diese Göttin wurde von vorne abgebildet, die Gesichter aller anderen Götter sind immer von der Seite dargestellt). Hinter dem 2. Pylon öffnet sich ein ursprünglich durch Säulenschranken umgrenzter Hof. Zehn riesige, bemalte Säulen standen hier. Sie symbolisierten die ersten Pflanzen, Bäume und Blumen.
Lange hatten die Christen warten müssen, bevor sie Philae übernehmen konnten. Nicht einmal das Edikt des Kaisers Theodosius, mit dem das Christentum zur Staatsreligion erklärt worden war (391), konnte die hartnäckigen Isisverehrer von der Insel vertreiben. Erst 535/37 ließ Kaiser Justinian I. den Tempel gewaltsam schließen und in ein christliches Gotteshaus umfunktionierten, obwohl die Blemmyer noch immer an der Verehrung des Heiligtums festhielten. Der rückwärtiger Bereich des Säulenraumes wurde um 553 dem Heiligen Stephan als Kirche geweiht und aus diesem Anlass eine große Zahl der Reliefs im Tempel zerstört.
Das Sanktuarium zeigt, wie verschiedene Herrscher vor Isis und Osiris Opfergaben darbringen.
Vom Säulenhof aus führt eine Seitenpforte zum Hadrianstor, das den Blick auf das benachbarte Osirisheiligtum freigibt. An den Wänden künden Darstellungen des Jenseitsherrschers Osiris, aus dessen Mumie Getreidehalme sprießen, von der Hoffnung auf neues Leben nach dem Tod.
Der kleine Tempel der Hathor, östlich des großen Tempels der Isis, wurde von Ptolemaios VI. errichtet und unter den römischen Herrschern Augustus und Tiberius mit zusätzlichen Darstellungen des Gottes Horus, das Kind dekoriert. Die Reliefs des Tempelwände zeigen spielende Musikanten, die Götter unterhaltend, während Hathor zur Musik tanzt.
Etwas weiter südlich steht der Kiosk des Kaiser Augustus mit vierzehn Säulen einem Pronaos und einer Terrasse an der Rückseite des Tempels. (Abb. rechts) Aufgrund zweier Reliefs, die Trajan als opfernden Pharao vor den Göttern zeigen, wird er heute als Trajanskiosk bezeichnet.
Durch den 1. Pylon führen zwei Eingänge in den ersten Hof: Das Haupttor in der Mitte und ein im westlichen Torturm angebrachter Durchgang, der direkt auf das Mammisi (Geburtshaus) zuführt. Die Reliefs im Inneren schildern die Geburt von Horus, das Kind und seine Jugend in den Deltasümpfen. Das Mammisi von Philae wurde bereits von Ptolemaios II. für die Gottheit Horus, das Kind erbaut.
Ptolemaios VI. dekorierte später Teile der Vorhalle und der Kammer I, wobei Horus, das Kind in Philae die Rolle der lokalen Erscheinungsform als Götterkind und Sohn der Isis und des Osiris übernahm. In den entsprechenden Inschriften des Ptolemaios VI. heißt es:
„Ptolemaios VI. machte sein Denkmal für seinen Vater Hor-pa-chered, den Sohn der Isis und des Osiris. Es ist der Sohn des Re, Ptolemaios, ewig lebend, geliebt von Ptah, indem er das Haus der Geburt ihres (Isis) Sohnes Hor-pa-chered erbaut hat.“
– Inschriften des Ptolemaios VI.
Augustus dekorierte weitere zahlreiche Szenen des Hor-pa-chered an den Gebäuden auf Philae, darunter ebenfalls an den Außenwänden des Mammisis. Hadrian sollte es vorbehalten bleiben, abschließende Dekorationen des Hor-pa-chered auf Philae anzubringen; zugleich auch der letzte Beleg der Verehrung des Kindgottes Hor-pa-chered in einem ägyptischen Tempel.
Auf den Wändern der Kammer II ist die Geburtslegende abgebildet. Die zugehörigen Szenen haben ihre mythologischen Wurzeln im Neuen Reich, wo die göttliche Geburt des Königs fester Bestandteil der Bildprogramme in den Tempeln des Neuen Reiches war. Die ptolemäischen Könige veränderten jenen Geburtsmythos. In allen Mammisis der griechisch-römischen Zeit ersetzte die jeweilige neue lokale Form eines Kindgottes das vorher bestehende zentrale Königsmotiv des Neuen Reiches. Der Name der beteiligten Gottheiten basierte in den lokalen Mammisis auf dem dort bestehenden Pantheon.
Im Mammisi von Philae wird die zugehörige lokale Form des Kindgottes nur einmal namentlich als Hor-pa-chered erwähnt. In den sonstigen Darstellungen wird dagegen der Name des Götterkindes nicht genannt, jedoch wird immer wieder auf die Funktion des Chnum verwiesen, der auf einer Töpferscheibe das Götterkind Hor-pa-chered formt. Als Göttermutter wird dagegen einheitlich das Isis-Motiv verwendet.
Die ikonografischen Motive zeigen in den Opferhandlungen den Kult des Hor-pa-chered. Ähnliche Darstellungen finden sich auch auf oder in anderen Gebäuden auf Philae. Zudem weisen die Abbildungen auf Philae zahlreiche Parallelen gegenüber anderer Mammisis auf. Dort wird ebenfalls auf die Benennung des Götterkindes als Hor-pa-chered verzichet, was auf die besondere Bedeutung des zentralen Isis-Motivs schließen lässt. Eine namentliche Erwähnung des Götterkindes ist auf dieser Grundlage nicht notwendig. In den aus Philae selten belegten privaten Personennamen ist die Verehrung des Hor-pa-chered erhalten geblieben; so war der Sohn eines Pa-di-Hor-pa-chered erster Gottesdiener der Isis und der Sohn eines Hor-pa-chered ebenfalls Gottesdiener der Isis. Daneben wird der Philae-Kult des Hor-pa-chered in griechischen Weihe-Inschriften dreier Altäre bezeugt.
Im Film Die Mumie kehrt zurück reisen die Protagonisten im Laufe einer Verfolgungsjagd auch zu einem digitalen Nachbau der Insel.
Eintrag in der Welterbeliste der UNESCO auf Englisch und auf Französisch