Die Liebfrauenkathedrale oder niederländisch Onze-Lieve-Vrouwekathedraal in Antwerpen ist die Domkirche des Bistums Antwerpen. Die Kirche zählt zu den Höhepunkten brabantischer Baukunst; ihr Turm gehört seit 1999 zum Weltkulturerbe der UNESCO.
Seit dem 10. Jahrhundert befand sich an der Stelle der heutigen Kathedrale eine Marienkapelle. Mit der Übergabe der Pfarrkirche St. Michael an die Prämonstratenser wurde die Marienkapelle 1124 in den Rang einer Pfarrkirche erhoben und in der Folgezeit zu einer größeren, romanischen Kirche ausgebaut. Im Jahr 1352 wurde mit dem Bau einer neuen Kirche in gotischem Stil mit Mittelschiff und sechs Seitenschiffen begonnen, doch 1521 wurden die Bauarbeiten eingestellt. Bei einem Brand 1533 wurde die Kirche stark beschädigt. In der Folgezeit bauten die Antwerpener sie wieder auf.
Im Jahr 1559 wurde das Bistum Antwerpen gegründet und die Kirche zur Kathedrale erhoben. Am 20. August 1566 zerstörten calvinistische Bilderstürmer einen großen Teil der Kunstwerke und des Mobiliars der Kathedrale. 1581 kam Antwerpen unter protestantische Herrschaft, was zur weiteren Vernichtung bzw. zum Verkauf unschätzbarer Kunstwerke führte.
Infolge der Französischen Revolution plünderten französische Besatzungstruppen 1794 das Gebäude, das zeitweise als Viehstall benutzt wurde und schwere Schäden erlitt. Im Laufe der folgenden Zeit wurde die Kathedrale mehrfach verändert (das Tympanon des Hauptportals entstand erst im Jahr 1903) und seit Ende des 20. Jahrhunderts umfassend restauriert.
Die Liebfrauenkathedrale ist ein siebenschiffiger Bau mit Querhaus und Umgangschor mit Radialkapellen. Von der geplanten Zweiturmfassade im Westen wurde im 16. Jahrhundert nur der Nordturm vollendet, der allerdings sowohl mit seiner Höhe von 123 m, als auch durch seine filigrane Bauweise mit aufsitzender Laterne ein Meisterwerk spätgotischer Architektur darstellt. Der Vierungsturm war wohl (wie der Turm der Sint-Niklaaskerk in Gent) als Laternenturm konzipiert; er wurde jedoch nicht fertiggestellt und im 17. Jahrhundert durch eine dreistufige hölzerne Haubenkonstruktion geschlossen. Das leicht und beinahe schwebend wirkende Maßwerkoktogon, welches vom quadratischen Querschnitt des Vierungsturmes zur Haube überleitet, ist ebenfalls beachtenswert.
In der Kathedrale hängen vier Gemälde von Peter Paul Rubens.
In der Kathedrale gibt es zwei große Orgeln.
Die Hauptorgel wurde 1891 von dem Orgelbauer Pierre Schyven (Brüssel) erbaut, finanziert durch eine Spende eines Gemeindemitgliedes. Das Instrument hat 90 Register auf vier Manualen und Pedal und ist weitgehend in seinem Originalzustand erhalten.
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An der Ostwand des südlichen Querhausschiffs, direkt an der Vierung, hängt die Transeptorgel als Schwalbennestorgel. Das Instrument wurde 1993 von der Schweizer Orgelbaufirma Metzler erbaut. Es hat 44 klingende Register und eine Transmission auf drei Manualwerken und Pedal.
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Im 123 Meter hohen Nordturm hängt ein Geläut aus acht Glocken für die liturgischen Dienste, deren größte Glocke der sogenannte Karolus ist. Aufgrund der engen Platzverhältnisse im Glockenstuhl können die beiden größten Glocken nur getrennt voneinander geläutet werden; das Vollgeläut erklingt ohne die zweitgrößte Glocke.
Im Folgenden eine Datenübersicht zum liturgischen Geläut:
Nr. |
Name |
Gussjahr |
Gießer |
Durchmesser (cm, ca.) |
Masse (kg, ca.) |
Schlagton (ca.) |
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1 | Karolus | 1507 | Willem und Jaspar Moer (’s-Hertogenbosch) | 212 | 6.434 | as0 |
2 | Henricus oder Thomas | 1770 | Joris Du Mery (Brügge) | 177 | 4.200 | b0 |
3 | Maria | 1459 | Johannes and Willem Hoerken (’s-Hertogenbosch) | 164 | 3.000 | c1 |
4 | Do-klok | 1655 | François und Pieter Hemony (Amsterdam) | 147 | 1.900 | des1 |
5 | Grote Lofklok | 1655 | François und Pieter Hemony (Amsterdam) | 141 | 1.650 | d1 |
6 | Kleine Lofklok | 1655 | François und Pieter Hemony (Amsterdam) | 132 | 1.400 | es1 |
7 | 1957 | Marcel Michiels (Tournai) | 94 | 600 | as1 | |
8 | 1957 | Marcel Michiels (Tournai) | 82 | 450 | b1 |
Im Nordturm ist außerdem ein 47-stimmiges Carillon mit einer Gesamtmasse von 27.648 kg und einem Tonumfang von vier Oktaven untergebracht.