Les Milles

Les Milles ist der Name eines Ortsteils von Aix-en-Provence (Département Bouches-du-Rhône) in Südfrankreich und die später entstandene Bezeichnung des dort gelegenen französischen Internierunglagers (auch Camp des Milles; es wird im Französischen teilweise auch als Konzentrationslager bezeichnet).

Unter den Gefangenen waren Juden, Kommunisten, Intellektuelle und Künstler, wie Lion Feuchtwanger, Golo Mann, Franz Hessel, Max Ernst und Walter Hasenclever, Karl Wilczynski, der Verleger Samuel Schmitt.

Geschichte des Lagers

Das Lager entstand in einer alten Ziegelei. Nach Kriegsbeginn kamen bereits Anfang September 1939 die ersten Häftlinge, deutsche und österreichische, aber auch osteuropäische Juden und Intellektuelle, die vor Hitler oder Stalin geflüchtet waren, und in Frankreich jetzt als „feindliche Ausländer“ galten nach Les Milles. Anfang November 1939 befanden sich etwa 1.500 Gefangene im Lager, im März 1940 waren es nach Freilassungen nur noch 140.

Am 10. Mai 1940 marschierten die Deutschen in Frankreich ein. Deutsche und Österreicher wurden interniert. Auch ehemalige Spanienkämpfer kamen jetzt aus anderen Lagern hierher. Mitte Juni lebten 3000 Gefangene unter katastrophalen Bedingungen im Lager. Nach dem Waffenstillstand am 22. Juni 1940 wollte der Kommandant des Lagers 2010 Gefangene vor den Deutschen in Sicherheit bringen. Er schickte sie in einem Zug nach Bayonne, wo ein Schiff auf sie wartete; aber unterwegs hörten sie das Gerücht, dass 2000 deutsche Soldaten nach Bayonne unterwegs seien. Die Flüchtlinge versuchten auf eigene Faust davonzukommen, was einigen auch gelang.

Am 30. September 1940 meldete Ernst Kundt für das Lager diese Zahl: Internierte: 152, darunter 55 Arier (die übrigen waren demnach Juden gemäß Hans Globkes Definition) an das Auswärtige Amt in Berlin, das somit in die Deportationsvorbereitungen einbezogen war. 1942 wurden dann 2.000 Menschen von hier aus nach Auschwitz deportiert.

Nach der Kapitulation Frankreichs wurde das in der „Freien Zone“ gelegene Lager zunehmend als Deportationslager verwendet. Die ersten Gefangenen im umfunktionierten Lager waren Juden aus Baden, die Ende Oktober 1940 in der Wagner-Bürckel-Aktion hierher deportiert wurden und angeblich – entsprechend dem Madagaskarplan – abgeschoben werden sollten. Doch daraus wurde nichts, und nach der Wannseekonferenz wurden von Les Milles aus Juden in die Vernichtungslager deportiert. Das Vichy-Regime verpflichtete sich den deutschen Besatzern gegenüber, alle von diesen namentlich angeforderten Gefangenen auszuliefern. Das Vichy-Regime hatte Nazi-Deutschland zugesichert, 10 000 ausländische – zumeist deutsche und österreichische – Juden auszuliefern. Das geschah im August und September 1942. Obwohl das die Besatzer gar nicht verlangt hatten, schlossen die französischen Behörden auch Kinder ein – weil sie sich später nicht um Waisen kümmern wollten. Von Les Milles aus nahmen fünf Züge mit insgesamt 2000 Juden den Weg über das Sammellager Drancy bei Paris nach Auschwitz.

Von September 1943 bis August 1944 unterhielt die Kriegsmarine in Les Milles ein Marinelazarett. Nach Kriegsende nutzten die amerikanischen Truppen das Gelände als Materiallager. 1946 wurde die Ziegelei den Eigentümern, einer Unternehmerfamilie aus Marseille, zurückgegeben. Angesichts des großen Bedarfs an Baumaterial für die Beseitigung der Kriegsschäden wurde hier die Produktion von Ziegelsteinen und Dachziegeln wieder aufgenommen.

Die Wandbilder

Unter den Lagerinsassen befanden sich 40 Maler, darunter einige der größten Künstler des 20. Jahrhunderts wie Max Ernst, Anton Räderscheidt und Wols. 1940/41 entstanden die inzwischen weit über Frankreich hinaus bekannten Wandmalereien in Les Milles. Einer der Deportierten war Karl Bodek, geboren in Czernowitz, einer der Künstler, die die Wandbilder geschaffen haben. Die Wandbilder sind in der Gedenkstätte erhalten.

Gedenkstätte

Als die technisch veraltete Ziegelei 1983 abgerissen werden sollte, schlugen Historiker der Universität Aix-en-Provence, die sich als einzige für die Geschichte des Lagers interessierten, vor, im einzigen noch vollständig erhaltenen Lager aus jener Zeit eine Gedenkstätte einzurichten. Der damalige sozialistische Kulturminister Jack Lang setzte das Lager daraufhin auf die Denkmalschutz-Liste. Jedoch erst 2002 fiel die Entscheidung für ein Memorial im ehemaligen Lager, und bis zu dessen Fertigstellung vergingen noch einmal zehn Jahre. Mit Geldern des Staates und privater Stiftungen wurde das Gelände gekauft und der Stiftung Les Milles zur Verfügung gestellt. Die Eröffnung des Memorials fand am 10. September 2012 durch den französischen Premierminister Jean-Marc Ayrault statt, genau 70 Jahre, nachdem am 10. September 1942 von dort der letzte von fünf Zügen mit insgesamt 2000 Juden nach Auschwitz abgefahren war.

Weltweiter Aufruf zur Suche nach Erinnerungs-Stücken

Der Trägerverein der heutigen Erinnerungsstätte ruft die Hinterbliebenen der Opfer, insbesondere im deutschsprachigen Raum auf, in den Familien möglicherweise noch vorhandene Dokumente, Berichte, Bilder etc. zur Sichtung zur Verfügung zu stellen, um die ab 2009 in Betrieb gehende zentrale nationale Mahn- und Erinnerungsstätte in der Ziegelei um Material von eher unbekannten Opfern zu erweitern. Die Stätte soll insbesondere auch zur Erziehung der Jugend zu bewussten demokratischen Staatsbürgern dienen.

Film

Zum gleichen Thema existiert auch ein Kriegsfilm mit dem Titel Les Milles, produziert in Frankreich 1994. Die Regie führte Sébastien Grall, das Buch schrieben Jean-Claude Grumberg und Sébastien Grall. Die Darsteller sind unter anderen Jean-Pierre Marielle, Ticky Holgado, Rüdiger Vogler, Bruno Raffaeli, Philippe Noiret, Kristin Scott Thomas, Francois Perrot, Eric Petitjean, Jean-Marie Winling und Rafael Walentowicz. Der Film schildert vor allem die aufreibende Fahrt mit dem Sonderzug durch halb Frankreich, bevor er in Bayonne eintrifft.

Literatur

  • Angelika Gausmann: Deutschsprachige bildende Künstler im Internierungs- und Deportationslager Les Milles von 1939 bis 1942. Möllmann, Paderborn 1997 ISBN 3-931156-17-6
  • Doris Obschernitzki: Letzte Hoffnung: Ausreise. Die Ziegelei von Les Milles 1939–1942: Vom Lager für unerwünschte Ausländer zum Deportationszentrum. Hentrich & Hentrich, Berlin 1999, ISBN 3-933471-06-0
  • Ralf Nestmeyer: Provence und Côte d'Azur. Literarische Reisebilder aus dem Midi. Klett-Cotta, Stuttgart 2005, ISBN 3-608-93654-8 (Darin ein ausführliches Kapitel zu Les Milles)
  • Edwin Maria Landau und Samuel Schmitt (Hrsg.): Lager in Frankreich. Überlebende und ihre Freunde. Zeugnisse der Emigration, Internierung und Deportation. v. Brandt, Mannheim 1991 ISBN 3-926260-15-7; darin insbes.: André Fontaine :Aus den Protokollen über die Forschungen zu Les Milles. S. 35 – 53; mit bes., einzelnen Darstellungen der Wandgemälde
  • Lion Feuchtwanger: Unholdes Frankreich. El libro libre, Mexiko 1942
    • weitere Aufl. udT: Der Teufel in Frankreich. häufige Aufl., z. B. Aufbau, Berlin 2000 ISBN 3-7466-5018-6 (Erlebnisse in Les Milles 1940, während die deutsche Front sich im Norden auf das Land zu bewegt)

Weblinks

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Jeroen Vereecke
17. August 2017
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Fabio
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