Kanopus, lat. Canopus (von altgriechisch Κάνωβος oder Κάνωπος - Kanobos, Kanopos von altägyptisch Kah-nub = goldener Boden) war eine antike ägyptische Küstenstadt im westlichen Nildelta. Die Stadt war der wichtigste ägyptische Handelshafen vor der Gründung Alexandrias, daher der altägyptische Beiname Kah Nub, eine Anspielung auf den immensen Reichtum, den die Händler hier im Hafen erwarben.
Die Stätte liegt östlich von Alexandria etwa 25 Kilometer vom heutigen Zentrum entfernt an der Stelle der ägyptischen Siedlung Per-Geuti, am Westufer an der Mündung des westlichsten Nilarms, des nach der Stätte benannten kanopischen oder heraklotischen Mündungsarm (er war dem altägyptischen Gott Chons – entsprechend dem griechischen Herakles – geweiht).
Eine andere Herleitung des Namens und der Mythos der Stadtgründung von Kanopos ist in Homers Ilias zu finden. Er benennt den Kommandanten von König Menelaos’ Schiff namens Kánopos als den Ursprung des Namens. Während Menelaos mit seinen Schiffen vor der ägyptischen Küste ankerte (siehe auch die Namensherkunft von Pharos), starb sein Kapitän während eines Landgangs an einem Schlangenbiss. Menelaos selbst begrub ihn dort und errichtete ihm ein Grabmonument, um das später die gleichnamige Stadt entstand. Herodot (5. Jahrhundert v. Chr.) nannte Kanopus in seinem ägyptischen Logos (ca. 100 Jahre vor der Gründung Alexandrias) einen „antiken Hafen“ - ein Hinweis auf das hohe Alter der Stadt. Wann Kanopus gegründet wurde, ist unbekannt.
Pharao Ptolemaios III. Euergetes errichtete hier einen Osiris-Tempel mit Orakel. Dort konnte man durch Träume geheilt werden. In diesem Tempel stand ursprünglich das sogenannte Kanopus-Dekret, das im neunten Regierungsjahr (239 v. Chr.) des Pharaos von einer großen Priesterversammlung verfasst wurde und in dem unter anderem dem Pharao und seiner Gattin Berenike II. verschiedene neue Titel verliehen wurden.
An dem Nilarm befand sich der Kanal von Kanopos, er diente der Flusspolizei und der besseren Zollerhebung in hellenistischer Zeit.
In römischer Zeit war die Stadt berüchtigt für ihre Verschwendung und ihren Luxus und wurde daher in der Neuzeit auch „St. Tropez der Antike“ genannt. In seiner 6. Satire weist Juvenal auf die hier herrschenden Ausschweifungen hin. Auch in der 15. Satire wird Canopus als Negativ-Beispiel für die luxuria (Schwelgerei, Zügellosigkeit) der Ägypter angeführt. Hadrian ließ den Tempel in seiner Villa in Tibur nachbilden. Bei Vergil heißt es zur Beschreibung des Nils und wegen ihrer alten Beziehung zu Pella in Makedonien:
...Wo das glückliche Volk von Canopus, pelläischen Ursprungs, Längs dem vom Wellenerguß weitsumpfenden Nilus sich anbaut, Und um seine Gefild' hinfährt in bemaleten Bögen,...Nach Einführung des Christentums verfiel die Stadt. Die Ruinenstätte ist noch heute westlich von Abukir zu finden. Auf ein spätantikes Bistum geht das Titularbistum Canopus der römisch-katholischen Kirche zurück.
Frühere Ausgrabungen etwa zwei bis drei km südwestlich des Fischerdorfs Abukir haben ausgedehnte Spuren der Stadt freigelegt. Unter anderem fand man Kais und Granitmonumente mit dem Namen des Pharaos Ramses II., die wahrscheinlich zu einer späteren Zeit hierher gebracht wurden.
Der Gott Osiris wurde in Kanopus in der Form einer Vase mit einem Menschenkopf verehrt. Als die ersten Ägyptologen in Gräbern Krüge mit Menschen- und Tierköpfen fanden, benannten sie diese fälschlicherweise nach diesem Kanopen.
Am 15. April 1866 wurde das Kanopus-Dekret bei Ausgrabungen im nahegelegenen Kom el-Hisn durch Richard Lepsius wiederentdeckt. Von diesem Dekret sind zwei Exemplare bekannt, die in den beiden ägyptischen Schriftsystemen (Hieroglyphenschrift und Demotisch) und Griechisch verfasst wurden. Sie bildeten nach dem Rosettastein die zweitwichtigste Quelle zum Verständnis der ägyptischen Sprache zur Zeit der Ptolemäer.