Kamieniec Ząbkowicki

Kamieniec Ząbkowicki (deutsch Kamenz; auch Camenz) ist ein Dorf im Powiat Ząbkowicki in der Woiwodschaft Niederschlesien in Polen. Es liegt sieben Kilometer südöstlich der Kreisstadt Ząbkowice Śląskie und ist Sitz der gleichnamigen Landgemeinde.

Geographie

Kamieniec Ząbkowicki liegt an der Glatzer Neiße. Westlich verläuft das Warthagebirge (Góry Bardzkie), südwestlich das Reichensteiner Gebirge und im Süden das Patschkauer Vorland (Przedgórze Paczkowskie). Nachbarorte sind Strąkowo (Kunzendorf) im Norden, Goleniów (Gallenau) im Nordosten, Byczeń und Doboszowice im Osten, Topola, Śrem (Schrom) und Sławecin (Schlottendorf) im Südosten, Wolmsdorf (Sosnowa), Płonica (Dörndorf) und Mąkolno im Süden, Ożary (Hemmersdorf), Laskówka (Gierichswalde) und Dzbanów (Banau) im Südwesten, Piasek (Sand) und Przyłęk (Frankenberg) im Westen und Pawłowice (Paulwitz) im Nordwesten. Südwestlich liegt der Schlossberg (Góra Zamkowa).

Geschichte

Wegen der seit dem 10. Jahrhundert andauernden Streitigkeiten zwischen Böhmen und Polen um die Vorherrschaft in Schlesien zerstörte der böhmische Herzog Břetislav II. 1096 die Burg Wartha, die er nachfolgend einnahm. Zur weiteren Sicherung der böhmischen Landesgrenze errichtete er nordöstlich von Wartha im Grenzwald die Burg Kamenz.

In der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts gelangte das Gebiet an das Herzogtum Schlesien. Anfang des 13. Jahrhunderts war die Burg Kamenz im Besitz der schlesischen Adelsfamilie Pogarell, die 1210 unterhalb der Burg eine Augustiner-Chorherren-Propstei gründete, an deren Stelle 1247 das Zisterzienserkloster Kamenz entstand. Nach der Teilung der Herzogtums Schlesiens 1248 gelangte Kamenz an das Herzogtum Breslau, ab 1278 an das Herzogtum Schweidnitz.

Aufgrund eines Siedelprivilegs, das die Pogarell schon 1230 vom Herzog Heinrich I. erhalten hatten, entfalteten die Zisterzienser eine rege Wirtschafts- und Siedlungstätigkeit. Weiteren Besitz erlangten sie 1325, als der Ritter Hanß von Wustehube dem Kloster zahlreiche Dörfer seiner mährischen Herrschaft Goldenstein überließ. Ab 1331 gehörte Kamenz zum neu gegründeten Herzogtum Münsterberg. 1334 verlieh Herzog Bolko II. dem Kloster die oberen Herrschaftsrechte, zu denen u. a. die weltliche Gerichtsbarkeit über das Stiftsland gehörte. Zusammen mit dem Herzogtum Münsterberg gelangte Kamenz 1336 unter böhmische Lehenshoheit, die Bolko II. im selben Jahr im Vertrag von Straubing und der polnische König durch die Ratifizierung des Vertrages von Trentschin 1339 anerkannte. In der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts erbauten die Zisterzienser die Klosterkirche sowie die Klostergebäude neu.

Zwischen 1425 und 1428 wurden Ortschaft und Kloster mehrfach von den Hussiten verwüstet. In den nachfolgenden zwei Jahrhunderten wurde die Entwicklung des Klosters und damit auch des Stiftslandes gehemmt. Ursächlich hierfür waren nach den Hussitenkriegen die Bedrückungen durch den einheimischen Adel und den böhmischen Landesherrn, im 16. Jahrhundert die nachteiligen Auswirkungen durch die Reformation und 1618 bis 1648 durch den Dreißigjährigen Krieg. Nach Kriegsende lag das verwüstete Stiftsland wirtschaftlich darnieder. Nur ein Drittel der Bevölkerung von Kamenz überlebte die Kriegswirren und die 1633 wütende Pest.

Ab der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts setzte ein wirtschaftlicher Aufschwung ein, der vor allem den Äbten Augustin Neudeck (1681–1702) und Gerhard Woywoda (1702–1732) zu verdanken war. Die Klostergebäude wurden 1682 bis 1685 neu errichtet und die gotische Abteikirche um 1700 barockisiert und reich ausgestattet. Zudem entstand ein Brauhaus, eine Backstube, das Pfortengebäude mit der steinernen Brücke über den Mühlgraben, ein weiteres Vorwerk und der Dorfkretscham. In den zum Stiftsland gehörenden Ortschaften Wartha, Maifritzdorf, Follmersdorf und Gierichswalde wurden neue Kirchen errichtet.

1741 kam es während des Ersten Schlesischen Krieges zum Gefecht bei Baumgarten, in dessen Folge der Preußenkönig Friedrich der Große in das Kloster Kamenz flüchtete und durch den Abt vor der Gefangennahme durch die Österreicher gerettet wurde. Nach dem Krieg fiel Kamenz 1742 wie fast ganz Schlesien an Preußen. Im Bayerischen Erbfolgekrieg drang 1778 eine österreichische Patrouille nach Kamenz vor und entführte den amtierenden Abt.

Am 30. Oktober 1810 erließ König Friedrich Wilhelm III. das Säkularisationsedikt. Am 22. November d. J. erfolgte die Aufhebung des Stiftes, das zu dieser Zeit 31 Ortschaften besaß. Kunstschätze, Archiv und Bibliothek wurden teilweise in die staatlichen Sammlungen in Breslau verbracht, von den in Kamenz verbliebenen Schätzen wurde ein Teil verschleudert. Die Abteikirche diente nachfolgend als katholische Pfarrkirche von Kamenz.

Nach der Neugliederung Preußens gehörte Kamenz seit 1815 zur Provinz Schlesien und war ab 1818 dem Landkreis Frankenstein in Schlesien eingegliedert, mit dem es bis 1945 verbunden blieb.

Die Klostergebäude und die Stiftsherrschaft gelangten 1812 an Prinzessin Friederike Louise Wilhelmine, eine Tochter des preußischen Königs Friedrich Wilhelm II. und spätere Königin der Niederlande. 1817 brannten Kirche und Klostergebäude ab. Während die Kirche wiederhergestellt werden konnte, wurden die Klostergebäude bis auf den Prälatenflügel abgerissen.

1830 fiel die Herrschaft Kamenz als Mitgift an Marianne Prinzessin der Niederlande, die mit Prinz Albrecht von Preußen verheiratet war. Da sich der Prälatenflügel des ehemaligen Klosters nicht als Residenz eignete, wurde unter ihrer Herrschaft oberhalb von Kamenz das neugotische Schloss Kamenz errichtet.

Ab 1874 bildeten die Landgemeinden Kamenz, Grunau, Laubnitz und Wolmsdorf den Amtsbezirk Kamenz, zu dem auch der Gutsbezirk Kamenz gehörte. Im letzten Viertel des 19. Jahrhunderts entwickelte sich Kamenz zu einem bedeutenden Eisenbahnknotenpunkt. 1875 erhielt es Anschluss an die Bahnstrecke Breslau–Glatz–Mittelwalde und ein Jahr später an die Strecke Liegnitz–Neisse. 1900 wurde die Lokalbahn von Kamenz nach Reichenstein eröffnet.

In der Zeit des Nationalsozialismus wurden in einer Kinderanstalt, die im ehemaligen Klostergebäude untergebracht war, Euthanasie-Morde durch Giftspritzen an verstandesschwachen deutschen Kindern durchgeführt.

Letzter Eigentümer war Prinz Friedrich Heinrich von Preußen. Ihm gehörten in Niederschlesien außer der Herrschaft Kamenz auch die Herrschaften Schnallenstein und Seitenberg. 1939 lebten 2528 Menschen in Kamenz.

Als Folge des Zweiten Weltkriegs wurde Kamenz im Mai 1945 von der Roten Armee besetzt und fiel wie fast ganz Schlesien an Polen. Nachfolgend wurde es in Kamieniec Ząbkowicki umbenannt. Im Schloss und in der Prälatur waren zunächst rund 2000 russische Soldaten einquartiert. Die deutsche Bevölkerung wurde 1945/46 vertrieben. Die neuen Bewohner waren zum Teil Heimatvertriebene aus Ostpolen, das an die Sowjetunion gefallen war. 1958 wurde Kamieniec Ząbkowicki zur stadtartigen Siedlung erhoben. 1997 vernichtete ein Hochwasser weite Teile der Ortschaft.

Wappen

Beschreibung: In Silber zwei sich ansehende goldene Löwen mit roter Zunge und Bewehrung. Rechts ein senkrechtes silbernes Gitter (3x5) aufliegend und links zur goldenen Bekrönung mit goldenen Schindeln bestreut.

Verkehr

Kaminiec Ząbkowicki ist ein Eisenbahnknotenpunkt: Im Bahnhof kreuzt sich die Bahnstrecke Katowice–Legnica, die allerdings in östlicher Richtung im Personenverkehr nicht mehr betrieben wird, mit der Bahnstrecke Wrocław–Międzylesie. Früher war Kaminiec Ząbkowicki auch der Beginn der Reichensteiner Bahn, die allerdings im Personenverkehr seit dem Juni 1989 außer Betrieb und seit dem Hochwasser 1997 stillgelegt ist.

Sehenswürdigkeiten

  • Ehemalige Klosterkirche St. Mariä Himmelfahrt mit wertvoller Innenausstattung
  • Das Abtsgebäude wurde 1683 bis 1685 nach einem Entwurf von Matthias Kirchberger errichtet und nach dem Brand von 1817 restauriert. Im Erdgeschoss befindet sich ein Saal mit gemalten Darstellungen von Zisterzienserklöstern und deren Wappen. Nach 1945 wurde es zunächst als Warenlager benutzt. Nach der politischen Wende von 1989 wurde das Gebäude renoviert und beherbergt nun eine Außenstelle des Staatlichen Archivs Breslau (Archiwum Państwowe we Wrocławiu).
  • Am Kloster-Wirtschaftshof westlich der Kirche befinden sich vor dem Einfahrtstor Figuren der Heiligen Johanns von Nepomuk und Florian. Sie wurden 1702 bis 1704 von dem Kamenzer Bildhauer Anton Jörg geschaffen. Die Westfassade des Wirtschaftshofs schmückt eine Gottvater-Figur.
  • Das Schloss Kamenz wurde ab 1838 für Prinz Albrecht von Preußen und seine Ehefrau Prinzessin Marianne von Preußen, die die Stiftsherrschaft Kamenz 1837 von ihrer Mutter geerbt hatte, nach einem Entwurf des Architekten Karl Friedrich Schinkel errichtet und erst 1872 vom Hofbaumeister Ferdinand Martius fertiggestellt. Die Anlage des Terrassengartens mit Springbrunnen wurde vom Landschaftsarchitekten Peter Joseph Lenné entworfen. Nach Kriegsende 1945 wurde das Schloss geplündert und große Teile der Innenausstattung einschließlich der Marmortreppen abtransportiert. Am 21./22. Januar 1946 wurde das Schloss in Brand gesteckt und brannte aus. Die gesamte Anlage wurde nachfolgend dem Verfall preisgegeben. Nach der politischen Wende von 1989 begann ab etwa 1995 der Wiederaufbau. Heute dienen Teile des Gebäudes als Hotel.
  • Die ehemals evangelische Kirche der Hl. Dreifaltigkeit wurde als Stiftung der Prinzessin Marianne im Stil der Neugotik errichtet. Der Entwurf stammte von Ferdinand Martius. Nach 1945 wurde sie nicht genutzt und am 10. Mai 1983 in Brand gesteckt und verfiel nachfolgend. Seit der Renovierung 1992 dient sie als Konzertsaal.

Zu Ehren der Prinzessin Marianne wurde eine Marianne-von-Oranien-Ferienstraße als Themenroute gestaltet, die hier im Ort ihren Anfang nimmt.

Persönlichkeiten

  • Friedrich Bernhard Werner (1690–1776), Zeichner und Kupferstecher
  • Friedrich Wilhelm Prinz von Preußen (1880–1925), preußischer Politiker und Angehöriger des Hauses Hohenzollern

Gemeindegliederung

Zur Landgemeinde Kamieniec Ząbkowicki gehören die Schulzenämter

  • Byczeń (Baitzen)
  • Chałupki (Neuhaus)
  • Doboszowice (Hertwigswalde)
  • Kamieniec Ząbkowicki I
  • Kamieniec Ząbkowicki II (1945–1968 Goleniów Śląski; Gallenau)
  • Mrokocin (Brucksteine)
  • Ożary (Hemmersdorf)
  • Pomianów Górny (Oberpomsdorf)
  • Sławęcin (Schlottendorf)
  • Sosnowa (Wolmsdorf)
  • Starczów (Alt Altmannsdorf) bzw. um 1785 (Alzendorf)
  • Suszka (Dürrhartha)
  • Śrem (Schrom) und
  • Topola (Reichenau)

Literatur

  • Hugo Weczerka: Handbuch der historischen Stätten Schlesien. Stuttgart 1977, ISBN 3-520-31601-3, S. 213–215
  • Dehio-Handbuch der Kunstdenkmäler in Polen Schlesien. München·Berlin 2005, ISBN 3-422-03109-X, S.
  • Arne Franke: Die Baugeschichte des Schlosses Kamenz. In: 900 Jahre Kamenz – 900 Lat Kamieńca Ząbkowickiego. Spuren deutscher und polnischer Geschichte., Landesmuseum Schlesien e. V., Görlitz 1996, S. 75–85.

Weblinks

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