Ellis Island ist eine Insel im Mündungsgebiet des Hudson River bei New York. Die Insel war lange Zeit Sitz der Einreisebehörde für die Stadt New York und über 30 Jahre die zentrale Sammelstelle für Immigranten in die USA. Über sie kamen zwischen 1892 und 1954 etwa 12 Millionen Einwanderer an und wurden abgefertigt. Sie wird seit dem 11. Mai 1965 zusammen mit der Freiheitsstatue als Teil des Statue of Liberty National Monument als Gedenkstätte vom Typ eines National Monuments durch den National Park Service verwaltet. Seit 1990 ist die Insel als Museum zur Geschichte der Einwanderung in die Vereinigten Staaten für die Öffentlichkeit zugänglich.
Vor Beginn der Immigrationspolitik der USA war es jedem Bundesstaat selbst überlassen, wie er mit den Einwanderern umgehen wollte und die Immigrantenzahlen waren anfangs gering. Man begann erst 1820, die Einwanderer zu zählen. Zwischen 1820 und 1830 kamen lediglich 152.000 Immigranten ins Land, also 15.000 pro Jahr. Das sollte sich später grundlegend ändern. In dem Jahrzehnt 1840 bis 1850 stieg die Zahl auf 1,7 Mio. In dem gesamten Zeitraum zwischen 1820 und 1880 kamen die meisten Immigranten – entgegen landläufiger Ansicht – aus Deutschland, insgesamt 3,1 Mio., gefolgt von den Iren mit 2,8 Mio. und dann erst den Engländern mit 1,9 Mio. Etwa 43 Millionen Amerikaner – also jeder sechste Einwohner – gaben bei der Volkszählung im Jahr 2000 an, deutsche Vorfahren zu haben.
Vor der Gründung von Ellis Island war es ab den 1880er Jahren zur so genannten ‚Neuen Einwanderung’ gekommen, einer verstärkten Immigration nicht mehr aus den traditionellen westeuropäischen Ländern, sondern aus Süd– und Osteuropa, was die Kulturkonflikte zusätzlich verschärfte. Denn diesen Menschen ging der Ruf voraus, nicht assimilierungswillig und generell unfähig zu sein, die amerikanische Welt zu verstehen. Es wurden Schreib– und Lesetests eingeführt. Die Beschränkungen wurden immer schärfer. Nach und nach untersagten die Einwanderungsgesetze folgenden Personengruppen die Einreise: Kranken, Polygamisten, Prostituierten, Armen, Anarchisten, Chinesen (1882), Japanern (1907) und Analphabeten (1917).
Bis 1892 waren die Immigranten mehrere Jahrzehnte lang über Castle Clinton in die Stadt eingereist, einer ehemaligen Konzerthalle am Fuße Manhattans, die als Lager umgebaut worden war. Um 1890 war das Lager von der Flut der Einwanderer überlastet und man beschloss die Einrichtung einer größeren Sammelstelle außerhalb des Stadtgebiets von New York. Die sich verschärfenden Immigrationsgesetze verlangten eine gründlichere Überprüfung und so bot sich eine Insel an, da die Einwanderer hier nicht heimlich ins Stadtgebiet gehen konnten und gegen fremdenfeindliche Übergriffe geschützt waren. Von der Mitte des 19. Jhdt. ab schlug die Stimmung der amerikanischen Bevölkerung den Einwanderern gegenüber um. Man befürchtete eine ‚Überfremdung’, es traten die sogenannten Nativisten auf, die eine Beschränkung der Einwandererzahlen forderten. Jetzt kam es auch zu den ersten Ausschreitungen, sogar zu Morden an Immigranten.
Unter diesem wachsenden öffentlichen Druck sah sich die Regierung gezwungen, die Einwandererfrage zentral zu regeln und einer strengen Kontrolle zu unterwerfen. Ellis Island war vor dem Umbau ein verlassenes Munitionsdepot im Besitz eines Samuel Ellis, das zunächst provisorisch hergerichtet wurde und 1892 seinen Dienst aufnahm. Bis zum 17. Dezember 1900 wurden die Gebäude auf Ellis Island nachträglich fertiggestellt. Sie waren für eine Gesamtkapazität von ca. 500.000 Immigranten jährlich ausgelegt, mussten aber zeitweise fast doppelt so viele abfertigen. Spitzen lagen bei 12.000 Menschen pro Tag, es gab allerdings auch Tage mit wenigen Einreisewilligen, insbesondere bei schlechter Wetterlage, wenn keine Schiffe anlandeten. Allein 1907 wurden 1.285.239 Einwanderer abgefertigt. Fast jeder zweite Amerikaner (40 %) hat Vorfahren, die über Ellis Island ins Land kamen. Vier Millionen Immigranten blieben in New York, die anderen verteilten sich über die USA .
Mit der Quotenregelung von 1924 begann der langsame Verfall von Ellis Island. 1932 war die Zahl der abgewiesenen Antragsteller zum ersten Mal größer als die der Zugelassenen. Später lohnte sich der Aufwand für die wenigen Aufgaben, die noch zu bewältigen waren, nicht mehr und Ellis Island wurde 1954 geschlossen.
Die erste Immigrantin in Ellis Island war am 1. Januar 1892 die Irin Annie Moore. Die Einwanderer nannten Ellis Island die Träneninsel ( isle of tears), da sich hier nach einer 2-minütigen Befragung und einer medizinischen Untersuchung das weitere Schicksal entschied. Kranke, Analphabeten, politisch Radikale und Vorbestrafte durften nicht einreisen, wurden wieder zurückgeschickt oder auf einen anderen Kontinent verschifft, aber 98 % der Einreisewilligen kamen ins Gelobte Land. Die größte Gruppe der Einwanderer stellten Italiener und Russen dar. So mussten die Einwanderer gleich zu Beginn eine 50-stufige steile Treppe zum Registrierraum empor steigen, wobei sie von Ärzten beobachtet wurden. Hatte jemand Probleme, so deutete dies auf ein Herzleiden hin und er wurde intensiver untersucht. Die Mediziner prüften auf Infektionskrankheiten, schauten sich Hände, Gesicht und Haare an und falls einer verdächtig war, bekam er ein Kreidezeichen auf die rechte Schulter gemalt (ein S stand für Senilität, ein Ct für die Augenkrankheit Trachom und ein X für eine psychische Erkrankung). Die anderen gingen durch eine Tür mit der Aufschrift „Push to New York“ und waren aufgenommen. Die Männer und Frauen wurden in verschiedenen Schlafsälen untergebracht.
Der ganze Prozess der offiziellen Einwanderung konnte mehrere Tage dauern. Während dieser Zeit konnten die Einreisewilligen jederzeit aussortiert werden. Es war nicht so, dass man mit dem Schiff ankam, kurz begutachtet wurde und dann ein Papier in die Hand bekam und New Yorker Boden betreten konnte. Teilweise kamen mehrere Einwandererschiffe gleichzeitig an, Hunderte und Tausende von Menschen mussten versorgt werden – und alles das geschah auf dieser Insel. In dem Rekordjahr 1907 beantragten über 1 Mio. Menschen (genau 1.285.349) dort die amerikanische Staatsbürgerschaft, was durchschnittlich 3.521 am Tag sind. Teilweise mussten die Passagiere noch tagelang auf ihren Schiffen bleiben, bevor sie überhaupt an Land gelassen wurden. Passagiere der ersten und zweiten Klasse, also Leute mit Geld oder Reputation, kamen jedoch nicht über Ellis Island an Land, sondern nach einer kurzen Visitation direkt nach Manhattan.
An Land, d.h. auf dieser Insel wurden die Familien nachts getrennt, Männer und Frauen schliefen in verschiedenen Abteilungen. Besonders dramatisch konnte es für strenggläubige Juden werden, wenn es auf den Schiffen keine koscheren Mahlzeiten gegeben hatte. Diese Personen hatten dann wochenlang keine vernünftige Ernährung zu sich genommen, waren stark abgemagert und befanden sich am Rande des Zusammenbruchs. 3000 Menschen sind insgesamt auf Ellis Island gestorben und 350 Kinder dort geboren worden. Die Überfahrt war extrem gefährlich und belastend. Angeblich sollen zehn Prozent aller Reisenden bereits während der Überfahrt gestorben sein, weil sie in völlig unzureichenden hygienischen Verhältnissen zusammengepfercht wurden, in Räumen von 1½ Metern Höhe. Die New Yorker nannten die Einwandererschiffe auch „Sargschiffe“. Auf ihnen konnten sich ansteckende Krankheiten besonders schnell verbreiten.
In den beiden Weltkriegen diente die Insel als Internierungslager für Ausländer. Nachdem die Einwanderungsbehörde im März 1954 die Stilllegung verfügte, weil pro Tag nur noch 200-300 Einwanderer kamen, rückte Ellis Island in den Blickpunkt des Interesses für weltweite Migration. 1965 wurde es unter die Verwaltung des National Park Service gestellt. Nach der Renovierung, die 1980 begann und 156 Mio. Dollar kostete, wurde das Hauptgebäude am 10. September 1990 als Ellis Island Immigration Museum wiedereröffnet. Ellis Island gehört sowohl zum Staat New York als auch zu New Jersey, sie ist eine von 40 Inseln in den Gewässern von New York City.
Die Einwanderung war mit der Aufnahme der Immigranten nicht abgeschlossen, sondern begann mit ihr. Die Einwanderer begaben sich zumeist direkt in die Stadtgebiete, in der es schon andere Einwanderer ihrer Nation gab. Für deutsche Immigranten war das vor allem Kleindeutschland an der Lower East Side. Dort angekommen blieben viele Familien nur kurze Zeit und bereiteten sich auf die Weiterreise in die Siedlungsgebiete vor. Oft folgten sie bereits früher eingereisten Bekannten oder Verwandten oder gingen auf staatliche Angebote ein, die mit Vergünstigungen den Strom der Arbeitskräfte in bestimmte Gebiete lenkten. Z.B. bot Kalifornien den Einwanderern ein verbilligtes Bahnticket an, um die Ansiedlung in Kalifornien schmackhafter zu gestalten. Es war den Immigranten auch möglich, verbilligt Ausrüstungsgegenstände zu kaufen oder günstigere Kredite aufzunehmen. Viele Neuankömmlinge blieben auch nach der Einreise in die USA lange Zeit unter sich oder zogen im Trupp als Wanderarbeiter über Land. Gegen diese als Überfremdung durch andere „Rassen“ empfundene Invasion wehrten sich zunehmend viele etablierte Amerikaner und entwickelten die Idee einer noch heranzuzüchtenden nordischen Rasse, die das rasant wachsende Amerika besiedeln sollte.
New York konnte durch die Immigration seinen Bedarf an Arbeitskräften jederzeit auffüllen. Etwa 4 Millionen Immigranten aus Ellis Island blieben dauerhaft in der Stadt. Überschüsse wurden durch Weiterleitung von Arbeitskräften ins Inland abgebaut. Dennoch wies New York bereits seit seiner Gründung einen stetig wachsenden Anteil von Stadtgebieten mit verarmten Einwohnern auf.
In den USA sprach man davon, dass den Einwanderer ein Versprechen gegeben wurde, dass derjenige, der arbeitswillig ist und sich Mühe gibt, eine faire Chance erhalten würde, sich Wohlstand und eine Existenz zu erarbeiten. Das stand im Gegensatz zu den Zuständen in den Ursprungsländern der Immigranten, in denen es oft keine Möglichkeit gab, seinen sozialen Status durch fleißige Arbeit zu verbessern. Шаблон:Quelle Für viele Immigranten ging die Hoffnung jedoch nicht in Erfüllung. Aufgrund ihrer Unerfahrenheit in der wenig vertrauten Umgebung waren Immigranten oft leichte Beute für Betrüger und Kriminelle, die mit falschen Versprechen, gefälschten Verträgen, Urkunden und anderen Tricks die Einwanderer um ihr Hab und Gut betrogen. Viele verloren bereits in den ersten Wochen in New York alles, was sie aus der Heimat mitgebracht hatten.
In dieser Zeit diente die Insel auch zur Internierung von möglicherweise „feindlichen Ausländern“. Auf Ellis Island wurden nach der Kriegserklärung durch Hitler z. B. deutschstämmige Amerikaner oder Immigranten (enemy aliens US-amerikanischer Rechtsbegriff im Unterschied zu gut gesinnten Ausländern) hier im Internierungslager („internment camp“) während des 2. Weltkrieges durch das Justizministerium interniert. Als ein Ausweg aus der Haft gab es während des Krieges bis 1945 die Repatriierung nach Deutschland mittels eines norwegischen Schiffes.
Ellis Island ist seit 1965 ein Teil des Statue of Liberty National Monument und seit 1990 sind die Bauten als Museum zugänglich. Von der Südspitze Manhattans aus, dem Battery Park und vom Liberty State Park in Jersey City, verkehren täglich Fähren, um Besucher zur Insel zu bringen, die nach der Besichtigung von Ellis Island von dort auch zur Freiheitsstatue auf Liberty Island per Fähre gelangen. Momentan ist nur das Hauptgebäude für den Publikumsverkehr geöffnet. Eintrittsgeld wird für den Zugang zur Insel nicht verlangt, sondern als Pauschale auf die Teilnahme an der Bootsfahrt aufgeschlagen.
Zum Museum gehört ein elektronisches Archiv mit den auf der Insel abgefertigten Einwanderern, welches auch über das Internet verfügbar ist. Auf der American Immigrant Wall of Honor findet man die Namen von Einwanderern, sofern die Nachfahren eine Spende von 100 Dollar getätigt hatten. Sie ist die weltgrößte, mit Namen beschriftete Mauer.
Für die erste Immigrantin Ellis Island, Annie Moore, wurden 1993 auf der Insel und in ihrer Heimat im irischen Cobh zwei Bronzestatuen errichtet.
Seit 2005 gibt es in Bremerhaven ein ähnliches Museum, das Deutsche Auswandererhaus, das sich mit der Geschichte der deutschen Emigranten befasst, die von hier aus nach Amerika gefahren sind. Es entstand in Zusammenarbeit mit Ellis Island.