Der inaktive Vulkan Chimborazo (Tschimborasso) ist mit 6.310 (nach neueren Angaben 6.267) Metern Höhe über dem Meeresspiegel der höchste Berg in Ecuador.
Der Chimborazo liegt in der Westkordillere der Anden, in der nach ihm benannten Provinz. Sein Nachbargipfel ist der 5.018 m hohe Carihuairazo. Der majestätische Gipfel des Chimborazo ragt 2500 m aus der etwa 3500 bis 4000 m hohen ihn umgebenden Hochebene. Sein Durchmesser beträgt an der Basis etwa 20 km. Bei idealen Verhältnissen kann der Gipfel von der Küstenstadt Guayaquil aus gesehen werden. Die wichtigsten Städte in seiner Umgebung sind Riobamba (etwa 30 km südöstlich), Ambato (etwa 30 km nordöstlich) und Guaranda (etwa 25 km südwestlich des Berges). Der Chimborazo liegt innerhalb des Naturreservates „Reserva de Produccion Faunistica Chimborazo“, welches dazu dient, den Lebensraum für die in den Anden heimischen kameliden Vicuña, Lama und Alpaca zu schützen.
Der obere Teil des Berges ab zirka 5100 m ist vergletschert. Einzelne Gletscherarme reichen bis 4600 m hinunter. Die Gletscher des Chimborazo stellen die Wasserversorgung für große Teile der Provinzen Bolivar und Chimborazo. Chimborazos Gletscher hat in den letzten Dekaden aufgrund von globaler Erwärmung, Aschebedeckung infolge der aktuellen vulkanischen Aktivität seines östlichen Nachbars Tungurahua (Schotterer et al 2003) und dem El Niño Phänomen (Chaffaut & Guillaume 2004, [1]) signifikant an Masse verloren.
Wie bei anderen ecuadorianischen Bergen wird auch das Eis der Gletscher des Chimborazo von sogenannten Hieleros (vom spanischen Hielo für Eis) abgebaut, um auf den Märkten von Guaranda und Riobamba verkauft zu werden. Früher wurde das Eis bis hinunter in Küstentieflandstädte wie Babahoyo oder Vinces transportiert (Borja 2004).
Der Vulkanismus am Chimborazo ist Folge der Subduktion der Nazca-Platte unter den südamerikanischen Kontinent und hat überwiegend andesitisch-dazitischen Charakter. Der Schichtvulkan ist um das Jahr 550 (± 150 Jahre) zum letzten Mal ausgebrochen.
Mit 6.310 m ist der Chimborazo der höchste Berg von Ecuador und höher als alle nördlicheren Berge Amerikas. Bei einer 1993 durchgeführten Differential-GPS Messung wurde eine Höhe von nur 6.267 m festgestellt. Auch SRTM-Daten weisen darauf hin, dass diese Höhe eher wahrscheinlich ist als die weitverbreitete Höhenangabe von 6.310 m.
Der Chimborazo galt vor der Vermessung des Himalaya als der höchste Berg der Erde überhaupt. Die Messungen George Everests im Jahr 1856 zeigten jedoch, dass viele Himalaya-Gipfel, insbesondere der Mount Everest deutlich höher liegen als der Chimborazo. Selbst in den Anden kennt man nun viele höhere Berge und Vulkane, deren höchster der Aconcagua mit 6.959 m Höhe ist.
Der Gipfel des Chimborazo ist wegen seiner Nähe zum Äquator der Punkt der Erdoberfläche, der am weitesten von der Erdachse entfernt ist.
Darüber hinaus ist der Chimborazogipfel auch der vom Erdmittelpunkt am weitesten entfernte Punkt. Dass er hierin den wesentlich höheren Mount Everest übertrifft, liegt daran, dass die Erde aufgrund der Rotation und der sich daraus ergebenden Fliehkraft keine Kugel ist, sondern ein Rotationsellipsoid, dessen Radius an den Polen kleiner und am Äquator größer ist. Nimmt man den Erdmittelpunkt als Bezugspunkt, so übertrifft nach Senne (2000) der Chimborazo (1° südl. Breite, 6.384.557 m vom Erdmittelpunkt) den Mount Everest (28° nördl. Breite, 6.382.414 m vom Erdmittelpunkt) um mehr als zwei Kilometer.
Einerseits ist wegen der maximalen Entfernung von der Erdachse die Zentrifugalbeschleunigung durch die Erddrehung hier am größten, andererseits wegen der maximalen Entfernung vom Erdmittelpunkt die Gravitationsbeschleunigung am geringsten, was beides dazu beiträgt, dass der Gipfel des Chimborazo der Punkt der Erdoberfläche mit der niedrigsten Fallbeschleunigung von 9,767 m/s² ist.
Bezüglich der Herkunft des Namens Chimborazo existieren verschiedene Theorien. Es kann eine Kombination des Cayapa-Wortes für Frau – Schingbu – und des Quichua-Wortes für Eis/Schnee – Razo – sein, was in etwa Eisige Frau ergeben würde, oder mit Chimbo für Thron/Gottesthron aus dem Shuar ergäbe es Eisiger Thron Gottes (Schmudlach 2001). Von der in der Umgebung lebenden indigenen Bevölkerung wird der Berg auch Urcorazo genannt; mit dem Quichuawort Urcu – Berg – ergibt das einfach Berg aus Eis. Im lokalen indigenen Mystizismus repräsentiert Taita Chimborazo (Taita ist Quichua für Vater) den Mann von Mama Tungurahua.
Einen ersten Besteigungsversuch wagte bereits Alexander von Humboldt zusammen mit Aimé Bonpland und Carlos Montúfar am 23. Juni 1802; sie erreichten eine Höhe von zirka 5600 m (ihre eigene damalige Schätzung betrug 5900 m). Der Beschreibung des Aufstiegs durch Humboldt verdanken wir die erste genaue Schilderung der Symptome von Höhenkrankheit. Humboldt verbrachte mehrere Tage am Berg. Er skizzierte ihn und ließ sich mit ihm im Hintergrund abbilden. Im Dezember 1831 scheiterte auch der Naturforscher Jean Baptiste Boussingault aus Frankreich. Den Gipfel erreichte als erste eine britisch-italienische Seilschaft bestehend aus Edward Whymper, Jean Antoine und Louis Carrel am 4. Januar 1880. Die Schutzhütte auf der Südwestseite unterhalb des Gletschers auf 5000 m wurde zu Ehren des Erstbesteigers „Edward-Whymper-Hütte“ benannt. Da viele Kritiker die gelungene Erstbesteigung anzweifelten, bestieg Whymper noch im selbigen Jahr den Berg ein zweites Mal über eine neue Route (von Pogyos im Westen her), mit den zwei Ecuadorianern David Beltrán und Francisco Campaña (Whymper 1892).
Im August 1976 ging SAETA-Flug #232 (Vickers Viscount, 4 Crew-Mitglieder, 55 Passagiere) auf dem Flug von Quito nach Cuenca verloren. Unverzügliche Suchaktionen in möglichen Absturzregionen blieben erfolglos. Obwohl ein Absturz am Chimborazo als am wahrscheinlichsten galt, wurde auch über eine mögliche Entführung durch kolumbianische Guerilla spekuliert. Nachdem das abgestürzte Flugzeug und seine Insassen über 26 Jahre als vermisst galten, wurden sie im Oktober 2002 von ecuadorianischen Andinisten, die eine selten begangene Route (Integral) benutzten, auf einer Höhe von zirka 5.400 m gefunden (El Comercio 2003).
Die Besteigung des Chimborazo ist bei Bergsteigern sehr beliebt. Trotz seiner Höhe ist er gut zugänglich und die Normalroute vergleichsweise einfach zu besteigen.
Die einfachsten und am meisten benutzten Routen sind die Normal- und die Whymperroute. Beide Routen starten bei der Whymper-Hütte und führen via den Westgrat und den Vorgipfel Ventimilla zum Hauptgipfel (Whymper oder Ecuador). Es existieren verschiedene andere, weniger benutzte und meist schwierigere Routen über die verschiedenen Seiten und Grate zu einem der folgenden Gipfel: Hauptgipfel (Whymper, Ecuador), Zentralgipfel (Politecnico) und Ostgipfel (N. Martinez).
Es sind zwei Hütten in Betrieb, die Carrel-Hütte (4.850 m) und die ein wenig weiter oben liegende Whymper-Hütte (5000 m). Die Carrel-Hütte ist durch eine Straße erschlossen und kann von Riobamba, Ambato oder Guaranda erreicht werden. Die Zurita-Hütte (4.900 m) an der Pogyos-Route ist nicht mehr in Betrieb.