Die Berninabahn ist eine eingleisige meterspurige Eisenbahnlinie der Rhätischen Bahn (RhB). Sie verbindet den Kurort St. Moritz im Schweizer Kanton Graubünden über den Berninapass mit der italienischen Stadt Tirano. Sie gilt als höchste Adhäsionsbahn der Alpen und - mit bis zu 7% Gefälle - als eine der steilsten Adhäsionsbahnen der Welt.
Die Berninabahn wurde gemeinsam mit der Albulabahn am 7. Juli 2008 in die Liste des UNESCO-Weltkulturerbes aufgenommen. Sie gilt als grenzüberschreitendes, gemeinsames schweizerisch-italienisches Welterbe.
In St. Moritz endet die Albulabahn. Wegen der unterschiedlichen Bahnstromsysteme beginnt die Berninabahn zwar im selben Bahnhof, jedoch auf getrennten Gleisen und getrennten Bahnsteigen. Die Bahn verlässt den Bahnhof in Richtung Osten und überquert auf einem 64 m langen Viadukt den Inn. Danach führt sie durch den 689 m langen Charnadüra-Tunnel II, den längsten Tunnel der gesamten Strecke. Die folgende Station Celerina-Staz ist mit 1'716 m ü. M. der niedrigste Punkt auf der Nordseite des Berninapasses. Bis Ospizio Bernina wird die Linie nun fast ununterbrochen ansteigen. Nachdem sich die Strecke dem Inn abgewandt hat, erreicht sie die kleine Station Punt Muragl Staz. Hier befindet sich die Talstation der 1907 eröffneten Standseilbahn nach Muottas Muragl.
Der folgende Bahnhof in Pontresina stellt zusammen mit dem Bahnhof St. Moritz ein Kuriosum im Netz der RhB dar: Hier treffen zwei völlig verschiedene Stromsysteme zusammen. Die wechselstrombetriebenen Züge, die über die Strecke aus Samedan eintreffen, benutzen die Gleise 1 bis 3, während die gleichstrombetriebenen Berninabahnzüge die Gleise 3 bis 7 benutzen. Gleis 3 besitzt eine von Wechsel- und Gleichstrom umschaltbare Oberleitung. Mit einem speziellen Signal wird die jeweilige Stromart dem Zugpersonal angezeigt. Somit können die Züge vom Stammnetz (aus Richtung Samedan) und die Züge der Berninalinie trotz unterschiedlicher Stromsysteme das gleiche Gleis benutzen. Auf Gleis 3 findet auch der Lokwechsel für den berühmten Bernina-Express statt, der zwischen Chur bzw. Davos und Tirano verkehrt.
Die Strecke wendet sich nun nach Südosten. Nach der Querung des Rosegbaches, der Station Surovas, die früher «Sans-Souci» (Sorglos) hiess, und des Berninabaches erreicht sie schliesslich die Station Morteratsch etwa 2 km unterhalb des Morteratschgletschers. Dahinter befindet sich die weltberühmte Montebellokurve, an der die Strecke auf die Passstrasse trifft, die sie bis Ospizio Bernina begleiten wird. Vor der heute modernisierten Kreuzungsstelle Bernina Suot ist bereits die Baumgrenze erreicht. Die nächsten Stationen sind Bernina Diavolezza und Bernina Lagalb; beide sind Ausgangspunkte von Seilbahnen
Der folgende Abschnitt ist der wohl interessanteste auf der Nordseite. Hier ist die Route sehr kurvenreich und wechselt von einer Talseite auf die andere. Zuerst wird der Berninabach auf der 37 m langen Unteren Berninabachbrücke überquert, anschliessend der Arlasbach, ein Zufluss des Berninabaches. Über die Obere Berninabachbrücke wechselt die Strecke wieder auf die Ostseite. Südwestlich erheben sich majestätisch der Piz Bernina und Piz Palü. Es folgt die 175 m lange Arlas-Galerie, eine Schutzgalerie gegen Schneeverwehungen. An der Südwestseite erstrecken sich die kleineren Seen Lej Pitschen und Lej Nair. Direkt dahinter ragt die 15 m hohe und 283 m lange Staumauer des Lago Bianco empor, die zugleich die Wasserscheide zwischen Donau und Po markiert.
Die Bahn führt nun am östlichen Ufer des Sees entlang und erreicht bei Ospizio Bernina auf 2253 m ü. M. ihren höchsten Punkt. Damit ist die Berninabahn auch die höchste Bahnlinie (die Bergbahnen ausgenommen) der Alpen, noch dazu in offener Linienführung und mit ganzjährigem Betrieb. Da der Abschnitt bis ins Puschlav besonders stark von Schneeverwehungen betroffen ist, wurden ab der südlichen Staumauer unzählige Kunstbauten eingerichtet: Die 140 m lange Scala-Galerie, der 192 m lange Scala-Tunnel, die mit 348 m noch längere Sassal Mason-Galerie und der 54 m lange Drago-Tunnel.
Nach der Grüm-Galerie wird der sehenswerte Bahnhof Alp Grüm erreicht. Er liegt nicht nur an der Baumgrenze, sondern ist auch der letzte Bahnhof vor der italienischen Sprachgrenze. Von hier aus klettert die Linie mit einem Gefälle von bis zu 70 Promille über mehrere Serpentinen ins Puschlav hinunter. Da dies ohne Zuhilfenahme einer Zahnstange geschieht, gilt die Berninabahn als eine der steilsten Adhäsionsbahnen weltweit.
Gleich hinter der Station wendet sich die Linie im engen 180°-Winkel und führt unterhalb von Alp Grüm durch die Obere Palü-Galerie. In einer weiteren 180°-Wende führt sie durch den Palü-Tunnel und anschliessend durch die Untere Palü-Galerie. Es folgen weitere vier Halbkreisschleifen, bis die Strecke die Station Cavaglia erreicht. Zwischen Alp Grüm und Cavaglia befindet sich seit ca. 2000 auch die neue automatische Kreuzungsstelle Stablini. Sie halbiert diesen verspätungsanfälligen Streckenabschnitt. Im Zickzackkurs geht es nun ab Cavaglia weiter talwärts via Cadera bis Privilasco. Ab hier lässt die Strecke die Kehren hinter sich und erreicht, immer noch mit Maximalsteigung, das Puschlavtal. In Poschiavo trifft sie schliesslich wieder mit der Bernina-Passstrasse zusammen.
Der Bahnhof Poschiavo wurde auf Wunsch der Gemeinde etwas ausserhalb des Dorfes errichtet. Er besitzt eine Betriebswerkstätte, in der auch einige historische Fahrzeuge der Berninalinie stationiert sind. Die verbleibenden rund 17 km bis Tirano sind teilweise noch gebirgsbahn-, aber zum Teil auch strassenbahnähnlich trassiert. Nach der erst 1977 eingerichteten Haltestelle Li Curt erreicht die Strecke den Ort Le Prese, dessen Haltestelle sich mitten auf der Strasse befindet. Zwischen Le Prese und Miralago führt sie nun am Ufer des Puschlaversees entlang, weshalb sie ihre Höhenlage von 965 m ü. M. hier nicht verändert.
Unterhalb von Brusio besitzt die Bahn als letzten Höhepunkt einen Kreisviadukt, der alleine der Höhengewinnung dient. Es folgt der Haltepunkt der Ortschaft Campascio, die noch zu Brusio gehört. Hinter dem Grenzbahnhof Campocologno, wegen der dort vorgenommenen Zollabfertigungen ein ungewöhnlich grosser Bahnhof, erreicht die Strecke schliesslich Italien und nach Überquerung des Hauptplatzes von Tirano ihren Endbahnhof. Hier trifft die Berninabahn auf die Normalspurstrecke der staatlichen, italienischen Infrastrukturgesellschaft Rete Ferroviaria Italiana (RFI) durch das Veltlin nach Mailand.
im Hintergrund. Postkarte von ca. 1910]] Nach der Fertigstellung der Albulaline wurde 1905 die Bernina-Bahngesellschaft (BB) mit dem Ziel gegründet, St. Moritz über den Berninapass mit Tirano zu verbinden. Nach Erteilung der Konzession 1906 erfolgte die Eröffnung von 1908 an in mehreren Teilabschnitten: Am 1. Juli 1908 zwischen Pontresina und Morteratsch sowie zwischen Tirano und Poschiavo, am 18. August desselben Jahres zwischen Pontresina und Celerina und am 1. Juli 1909 zwischen Celerina und St. Moritz sowie zwischen Morteratsch und Bernina Suot. Erst am 5. Juli 1910 konnte mit dem schwierigsten Abschnitt zwischen Bernina Suot und Poschiavo die Gesamtstrecke eröffnet werden. Sie wurde von Anfang an elektrisch mit Gleichstrom betrieben, wobei jedoch 1935 die Spannung von 750 V auf 1000 V erhöht wurde.
Ursprünglich war die Berninabahn nur für den Sommerbetrieb vorgesehen. 1913/14 wurde jedoch der Winterbetrieb aufgenommen. Dies war aber mit erheblichen Problemen verbunden, sodass vermehrt Lawinenverbauungen errichtet wurden. Die Bahn stand in den ersten Jahren ihres Bestehens stets am Rande des Bankrotts. So betrugen die Kosten für die Bauaufwendungen bis 1915 rund 15 Millionen Franken. Die Einführung des Speisewagens (1928) und Pauschalangebote für Touristen konnten die kleine Bahn auch nicht vor dem Ruin bewahren. Aufgrund der schwierigen finanziellen Lage wurde sie 1943 mitten im Zweiten Weltkrieg von der Rhätischen Bahn übernommen. Diese modernisierte die Strecke auch aus militärischen Überlegungen grundlegend und baute sie in der Nähe der Passhöhe komplett neu. Zuvor war die Trasse an der Nordrampe des Berninapasses in Kurven verlegt worden, die den Fahrgästen zwar spektakuläre Ausblicke ermöglichten, aber auch in winterlichen Lawinenzügen lagen. Der Neubau schnitt diese Kurven ab, die Fahrleitungen und die Schienen der alten Trasse wurden beseitigt, der Unterbau ist im Hochgebirge aber heute immer noch vorhanden.
Als Ersatz hat die RhB ab Mitte der 80er-Jahre begonnen, die landschaftliche und bahnbauliche Attraktivität der Berninabahn gezielt touristisch zu vermarkten. So ist der Streckenabschnitt Pontresina–Tirano Bestandteil des Bernina-Express.
Heute werden im fahrplanmässigen Streckendienst auf der Berninabahn folgende Triebfahrzeugbaureihen eingesetzt: Vier ABe 4/4I, neun ABe 4/4II, sechs ABe 4/4III und zwei Gem 4/4. Dieser vorwiegend aus Triebwagen bestehende Fahrzeugpark wickelt auch den Güterverkehr ab. Zum Teil werden Güterwagen bis zum Erreichen der maximal zulässigen Anhängelast von 140 t den Personenzügen mitgegeben, zum Teil müssen aus Sicherheitsgründen (gefährliche Güter) reine Güterzüge geführt werden. Der Handel mit Italien beschert der ursprünglich nur für den Touristenverkehr angelegten Bahn nicht unerhebliche Gütermengen, die mehrheitlich aus Heizöl, Treibstoffen und Holz bestehen. Darüber hinaus werden auch die regionalen Verkaufsgeschäfte des Puschlav teilweise mit der Bahn beliefert. Der Fahrplan ist das ganze Jahr über mit einem Personenzug pro Stunde und Richtung dicht gestaltet. Das Top-Angebot der Strecke ist der inzwischen vollständig mit Panoramawagen ausgestattete Bernina-Express und der in der Gegenrichtung verkehrende Trenino Rosso.
Im Winter kommt regelmässig eine Dampf-Schneeschleuder zum Einsatz. Auch ihr Betrieb stellt eine Touristenattraktion dar, die Eisenbahnfreunde aus aller Welt anlockt.
Im Zusammenhang mit der Lawinengefahr auf der Berninabahn entwickelte die Rhätische Bahn ein aussergewöhnliches Verfahren zur Beseitigung dieser hochalpinen Gefährdung. Im Spätwinter, wenn das Risiko des Lawinenabgangs am grössten ist, wird der Entstehungsort der Lawine von Artillerie beschossen, um sie kontrolliert zum Abgang zu bringen.
Seitdem es den Microsoft Train Simulator gibt, wurde vom Hersteller Simtrain eine Simulation herausgebracht, womit man die Bernina Bahn auf dem heimischen PC befahren kann. Sowie viele andere Strecken, z.B die Albula-Bahn, der Heidi-Express oder der Glacier-Express. Auch als Freeware-Version ist die Bernina Bahn donwloadbar.