Alexandrowka (Potsdam)

Die russische Kolonie Alexandrowka liegt im Norden der Stadt Potsdam. König Friedrich Wilhelm III. von Preußen ließ es in den Jahren 1826/27 für die letzten zwölf russischen Sänger eines ehemals aus 62 Soldaten bestehenden Chores anlegen.

Durch die verwandtschaftlichen und freundschaftlichen Beziehungen zwischen den Häusern Hohenzollern und Romanow wurde die Kolonie als Denkmal der Erinnerung nach dem 1825 verstorbenen Zar Alexander I. benannt. Als Teil der Potsdamer Kulturlandschaft ist die Kolonie UNESCO-Weltkulturerbe.

Geschichte

1806 wurde das preußisch-sächsische Heer bei Jena und Auerstedt durch napoleonische Truppen vernichtend geschlagen. Das durch Napoleon besiegte Preußen musste 1812 in ein Zwangsbündnis mit Frankreich gegen Russland einwilligen.

Von den weit über Tausend der 1812 in Russland gefangengenommenen russischen Soldaten blieben 62 im Oktober 1812 in Potsdam. Aus dieser Gruppe wurde ein Sänger-Chor gebildet und für den König formell dem 1. preußischen Garderegiment unterstellt. Nach dem Neutralitätsabkommen, der Konvention von Tauroggen vom 30. Dezember 1812, verbündeten sich Preußen und Russland im Frühjahr 1813 gegen Frankreich und der größte Teil der ehemals kriegsgefangenen russischen Soldaten wurde auf Wunsch des preußischen Königs in ein eigenes Regiment eingegliedert. Unter einer gemeinsamen Führung kämpften russische und preußische Truppen, ehemalige russische Kriegsgefangene und preußische Deserteure gegen Napoleon. Im Heerlager des Königs sorgte weiterhin der Chor ehemaliger russischer Kriegsgefangener für Unterhaltung, Verluste in seinen Reihen wurden 1815 durch Überlassung weiterer Grenadiere aus einem russischen Regiment ausgeglichen: Zar Alexander I. erlaubte nicht nur den Verbleib des Soldatenchors in Preußen, er überstellte zusätzlich sieben Grenadiere von einem seiner Regimenter in das Garderegiment des Königs.

Als Zar Alexander I. 1825 starb, lebten nur noch 12 dieser russischen Sänger in Potsdam. Am 10. April 1826 gab Friedrich Wilhelm III. folgende Order:

„Es ist Meine Absicht, als ein bleibendes Denkmal der Erinnerung an die Bande der Freundschaft zwischen Mir und des Hochseeligen Kaisers Alexander von Rußlands Majestät, bei Potsdam eine Colonie zu gründen, welche ich mit den, von Seiner Majestät mir überlassenen Russischen Sängern als Colonisten besetzen und Alexandrowka benennen will.“

Friedrich Wilhelm III.

1827 zogen die neuen Bewohner in die vollständig möblierten Anwesen ein. Sogar die Gärten waren angelegt und jeder Haushalt bekam eine Kuh geschenkt. Die Grundstücke durften von den Kolonisten aber weder verkauft, verpachtet noch verpfändet, jedoch an männliche Nachkommen vererbt werden.

Auf dem nahegelegenen Kapellenberg wurde die russisch-orthodoxe Alexander-Newski-Gedächtniskirche errichtet und im September 1829 geweiht. Neben der Kirche steht das vierzehnte Wohnhaus, das der aus Russland stammende königliche Lakai Tarnowsky bewohnte.

1861 verstarb der letzte Sänger. 1927, 100 Jahre nach der Gründung der russischen Kolonie, waren es nur noch vier Familien und nach der Bodenreform nur noch zwei Familien, die direkte Nachfahren dieser ersten Sänger waren. 2008 starb der letzte der direkten Nachfahren der Familie Schischkoff in der Kolonie. Die Kolonie selbst war bis zur Fürstenenteignung 1926 im Privatbesitz des Hauses Hohenzollern, wurde allerdings militärisch durch das 1. Garde-Regiment zu Fuß verwaltet. Erst nach der Auflösung des Regiments übernahm nach 1919 das Haus Hohenzollern den Unterhalt des Geländes. Bis 1945 blieben die ehemals königlichen Bestimmungen über die Rechte und Pflichten der Bewohner in Kraft. Grundlegende Änderungen im Rechtsstatus der Kolonie und ihrer Bewohner erfolgten erst in der Zeit der SBZ und DDR. Seit der deutschen Wiedervereinigung sind die meisten Häuser in Privatbesitz.

Anlage und Architektur

Nach zwei völlig anders aussehenden Entwürfen gab der Gartendirektor Peter Joseph Lenné dem ganzen Gelände die Grundform eines Hippodroms mit eingelegtem Andreaskreuz, an dessen Schnittpunkt das Haus des Feldwebels stand. Unter der Leitung des Hofgärtners Johann Georg Morsch d. Ä. wurde dieser Entwurf umgesetzt.

Die Pläne für die Gebäude waren preußische Interpretationen einer Zeichnung des italo-russischen Architekten Carlo Rossi, der 1815 für die Zarinmutter ein „typisch russisches“ Dorf für den Park von Pawlowsk entworfen hatte und dem preußischen König nach dessen Besuch bei der Zarinmutter 1818 eine Skizze überließ. Militärhandwerker aller preußischen Garderegimenter errichteten die Fachwerkhäuser mit vorgesetzten halbrunden Holzstämmen, die äußerlich den Eindruck russischer Blockhäuser erweckten. Die Idee für diese Sparmaßnahme hatte der Kommandeur der Garde-Pionierabteilung Kapitän Snethlage, der bereits bei einem früheren, echten Blockhaus nach dem Entwurf Rossis – dem Blockhaus Nikolskoë – die Bauleitung innehatte.

Die Siedlung besteht aus insgesamt zwölf Gehöften, deren freistehende Giebelhäuser ein- und zweigeschossig sind, aus einem zweistöckigen Aufseherhaus ohne großen Garten und einem Haus bei der Kirche, in dem der Aufseher der königlichen Teestube in der ersten Etage wohnte.

Nach russischem Vorbild hätten die Dächer der Häuser mit Stroh gedeckt werden sollen – für die preußische Variante entschied man sich für eine Holzverbretterung, die am Ende des 19. Jahrhunderts durch eine Schieferdeckung ersetzt wurde. Jedes Gehöft besteht aus einem Wohnhaus mit Balkon und vorgelagerter Loggia, das durch eine überdachte Toreinfahrt mit einem kleinen Stallgebäude verbunden ist.

Im Januar 2005 wurde im Haus Nr. 2 der Russischen Kolonie das Museum Alexandrowka eröffnet, das den Besuchern einen Einblick in die Geschichte und die Architektur der Blockhäuser ermöglicht. Dieses Museum zeigt die Bauweise und gibt auf zahlreichen Tafeln Erläuterungen zur Geschichte dieser einmaligen Siedlung.

Literatur

  • Bettina B. Altendorf: Die russischen Sänger des Königs und die Kolonie Alexandrowka in Potsdam. Hendrik Bäßler, Berlin 2004, ISBN 3-930388-33-2.
  • Elke Blauert: Alexandrowka und die Verbindungen der Dynastien. In: Matthias Wemhoff und Alexander Lewykin: Russen und Deutsche - Essay-Band: 1000 Jahre Kunst, Geschichte und Kultur. Imhof, Petersberg 2012, S. 226–233, ISBN 978-3865688033
  • Wolfgang Fabian: Potsdam. Die Stadt, die Könige und ihre Bewohner. Vision Verlag, Berlin 1997, ISBN 3-92-8787-15-2
  • Anja Hecker: Glasowo bei Pawlowsk. Carlo Rossis Projekt eines russischen Parkdorfes – Vorbild für die Alexandrowka in Potsdam? Technische Universität, Berlin 2003, ISBN 3-7983-1937-5, (Landschaftsentwicklung und Umweltforschung S 14), (Zugleich: Berlin, Techn. Univ., Dipl.-Arb., 2002).
  • Anja Hecker, Andreas Kalesse: Die russische Kolonie Alexandrowka in Potsdam: Zum Forschungsstand. In: Jahrbuch für brandenburgische Landesgeschichte 54, 2003, , S. 201–218, als PDF, (1.7 MB).
  • Hermann A. Kremer (Hrsg.): Museum Alexandrowka. Die Geschichte der Kolonie Alexandrowka von der Entstehung bis zur Gegenwart. Potsdam Stiftung Kremer, Potsdam 2005, ISBN 3-9809706-1-2.
  • Thomas Sander: Abgebrannt. Zwischen Rock und Stiefeln - Die Malaise des Johann Schischkoff. Museum Alexandrowka, Potsdam 2009.
  • Waltraud Volk: Potsdam. Historische Straßen und Plätze heute. 2. stark bearbeitete Auflage. Verlag für Bauwesen, Berlin u. a. 1993, ISBN 3-345-00488-7.

Weblinks

Aufgeführt in den folgenden Kategorien:
Einen Kommentar posten
Tipps & Hinweise
Sortiere nach:
JD The Dux
3. September 2013
Very nice, "ethnic" style and food, very nice building. BUT it is not polite to -almost -eject the customers because the time is 10:00 pm and the restaurant closes !!!
Friederike Wild
30. October 2012
The opening hours vary depending on the time of year.
Jany
21. August 2018
Aussengelände sehr gemütlich& urig hübsch natürlich angelegt. Essen super. Im Innenbereich staunt man, was alles in so kleinen Raum passt. Auf den Toiletten wird sogar an die kleinsten Gäste gedacht.
Kassy Daniel
7. June 2021
Toller Aussenbereich und sehenswertes Gebäude/ Kolonie. Helles Bier???? auch gut: dickflüssige heisse Schokolade. Speisen etwas Essig-lastig, gute Auswahl, um die russische Küche kennenzulernen.
Bijan Kafi
1. February 2015
Sehr leckere Speisen, bei uns äußerst freundlicher und auch sehr schneller Service. Große Speisenauswahl. Nichts zu beanstanden.
Olga ????????
19. October 2021
Атмосферный ресторан. Можно попробовать все основные блюда русской кухни.
Mehr Kommentare laden
foursquare.com
6.7/10
418 Leute waren hier
Karte
Russische Kolonie 8, 14469 Potsdam, Deutschland Route berechnen
Sun 11:00 AM–8:00 PM
Mon 10:00 AM–11:00 AM
Tue 1:00 PM–2:00 PM
Wed Noon–7:00 PM
Thu 11:00 AM–7:00 PM
Fri 1:00 PM–8:00 PM

Alexandrowka 1 auf Foursquare

Hotels in der Nähe

Alle Hotels Alles sehen
Hotel Brandenburger Tor Potsdam

ab $99

Mercure Hotel Potsdam City

ab $196

NH Potsdam

ab $230

Hotel Am Jägertor

ab $161

Hotel am Luisenplatz

ab $98

Altstadt Hotel

ab $94

Empfohlene Sehenswürdigkeiten in der Nähe

Alles sehen Alles sehen
Zur Wunschliste hinzufügen
Ich war hier
Besuchte
Alexander-Newski-Gedächtniskirche (Potsdam)

Die russisch-orthodoxe Alexander-Newski-Gedächtniskirche auf dem

Zur Wunschliste hinzufügen
Ich war hier
Besuchte
Gefängnis Leistikowstraße

Das Gefängnis in der Leistikowstraße 1 in Potsdam war eine U

Zur Wunschliste hinzufügen
Ich war hier
Besuchte
Nauener Tor

Das Nauener Tor ist eines der drei erhaltenen Stadttore von Potsdam.

Zur Wunschliste hinzufügen
Ich war hier
Besuchte
Marmorpalais

Das Marmorpalais im Neuen Garten in Potsdam war das Sommerschloss

Zur Wunschliste hinzufügen
Ich war hier
Besuchte
Holländisches Viertel

Das Holländische Viertel ist ein im Zentrum Potsdams gelegenes

Zur Wunschliste hinzufügen
Ich war hier
Besuchte
Belvedere auf dem Pfingstberg

Das Belvedere auf dem Pfingstberg ist ein zum Ensemble Potsdamer

Zur Wunschliste hinzufügen
Ich war hier
Besuchte
Neuer Garten Potsdam

Der Neue Garten ist ein 102,5 Hektar großes Parkgelände, das im N

Zur Wunschliste hinzufügen
Ich war hier
Besuchte
Biosphäre Potsdam

Die Biosphäre Potsdam ist ein Tropenhaus in der Stadt Potsdam. Das

Ähnliche Sehenswürdigkeiten

Alles sehen Alles sehen
Zur Wunschliste hinzufügen
Ich war hier
Besuchte
Freilichtmuseum Etar

Das Freilichtmuseum „Etar“ (bu

Zur Wunschliste hinzufügen
Ich war hier
Besuchte
Crystal Palace Dinosaurs

The Crystal Palace Dinosaurs, also known as Dinosaur Court, are a

Zur Wunschliste hinzufügen
Ich war hier
Besuchte
Freilichtmuseum Hessenpark

Der Hessenpark ist ein Freilichtmuseum in Neu-Anspach

Zur Wunschliste hinzufügen
Ich war hier
Besuchte
Biskupin

Biskupin [bʲi'skupʲin] (deutsch 1940–45 Urstätt) ist ein Dorf aus der

Zur Wunschliste hinzufügen
Ich war hier
Besuchte
Heritage Park Historical Village

Heritage Park Historical Village is a historical park located in

Alle ähnlichen Orte sehen